denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Meine Erlebnisse mit der Gestapo.

Freiheit aus dem Evangelium

Die Herrschaft der Nationalsozialisten ist schon fast 80 Jahre vorbei. Warum sollte man ein Büchlein lesen, dessen Inhalt Vorträge eines vor fast 60 Jahren gestorbenen Pfarrers sind? Zum Beispiel weil Wilhelm Busch (1897–1966) – sicher der bekannteste deutsche Evangelist der Nachkriegszeit – in dieser Zeit Erfahrungen gemacht hat, deren Lehren auch für andere, auch heutige, Zusammenhänge und politische Systeme wichtig sind.[1] Er selbst sagte einmal, es sei tragisch, dass die Generation seiner Zuhörer so geschichtslos lebe. Es habe sehr negative Auswirkungen, wenn Menschen nicht wüssten, was vor ihnen gewesen sei. Dem kann man nur zustimmen!

Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht hier nicht darum, die heutige Zeit mit der des Nationalsozialismus gleichzusetzen. Es geht vielmehr um Grundstrukturen, die in unterschiedlichen Gesellschaften immer wieder ein Problem sind, so auch in unserer. Wenn wir z.B. in westlichen Demokratien sehen, wie sich radikalere Gruppen durchsetzen und Minderheitenpositionen zu unbiblischen Gesetzen machen, sind das nicht mehr nur harmlose Entwicklungen. Auf Teile des gottlosen Mainstreams trifft das zu, was Busch über die Nationalsozialisten sagte: Sie dachten, „mit ihnen finge die Weltgeschichte an“. Als Folgen der Gottlosigkeit damals kann man ein Klima der Angst und des Misstrauens, fehlende Meinungsfreiheit, Denunziantentum, vom Staat abhängige Presse usw. erkennen. Parallelen zu Entwicklungen heute sind nicht zufällig. Ein aktuelles Beispiel dafür ist das Gesetz, dass man sein Geschlecht standesamtlich ändern lassen kann. Der Unsinn Judith Butlers, wer meine, es gebe nur zwei Geschlechter, sei ein Faschist, wird zur Dauerschleife mit Variationen. Hier trifft Buschs Aussage zu: „Eine Lüge muss man nur lange und laut genug wiederholen, bis sie geglaubt wird.“ Auch die Kirche war damals wie heute willfähriger Unterstützer des Zeitgeistes, und in vielen Bereichen der Kirchen waren damals wie heute die Maßstäbe der Bibel abgeschafft worden.

Wer sich gegen den aktuellen Zeitgeist (Evolutionstheorie, Gender usw.) positioniert, riskiert berufliche Nachteile bis hin zum Arbeitsplatzverlust. Wir sollten uns in Erinnerung rufen, dass nicht der Zeitgeist, sondern die Bibel bestimmt, was gut und böse ist, wer Mann und Frau ist und wem wir Rechenschaft schuldig sind. Im Widerstand schon gegen die Anfänge des NS-Regimes sind Leute wie Wilhelm Busch und andere Risiken eingegangen. Sie dienen uns als Vorbild.

In diesem Buch berichtet Wilhelm Busch von seinen zentralen Erlebnissen zur Zeit des Nationalsozialismus: Repressionen, Gefängnisaufenthalte, Konflikte, die Verzweiflung der Täter, das Brechen von Recht, die Hilfe anderer, Gelegenheiten zu evangelisieren (z.B. im Gefängnis), Anfechtungen (auch durch dämonische Mächte), Schutz durch Gott, Einsamkeit, Frieden, plötzliches Gericht Gottes an einem Gottlosen usw. Die Kapitel sind einfach und anschaulich geschrieben und recht kurz. Hier und da wirkt die ältere Sprache etwas fremd, aber sie sollte auch heute noch leicht zu verstehen sein.

Typisch für Wilhelm Busch sind kluge Reflexionen in den Texten. Einige Beispiele: „Nehmen Sie mal einen Politiker, der das Recht gering achtet, der die Macht liebt, und dazu die Notstandsgesetzgebung, wie sie jetzt geplant ist. Das zusammen wäre die nächste Diktatur!“ – „Sie sagen: ‚Das sind kleine Dinge.‘ Aber die machen mich nervös. Denn die Auflösung des Rechts ist das Ende jeder Gemeinschaft. Ich erinnere mich, wie der verehrte Professor Heim einmal eine Predigt hielt über den Psalmtext: ‚In dem Reich dieses Königs hat man das Recht lieb.‘ Er hat das nur ausgelegt, ohne Seitenhiebe. Da gab es einen Riesensturm. Die Veröffentlichung wurde beschlagnahmt. Sie wurde verboten. Die Auflösung des Rechts!“ – „Als ich hierher reiste und mir alles das noch einmal vor Augen stellte, bin ich ganz neu erschrocken über die Macht der Unwahrhaftigkeit und der Lüge. Und ich dachte an Jesu Wort: ‚Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme.‘ Das waren Mauern, gegen die wir so einsam standen, die Mauern der Lüge im Großen und Kleinen. Die andere Mauer war die Gesetzlosigkeit, dass das Recht aufgelöst wurde. Es ist schlimm, wenn ein Politiker gegen die Einbahnstraße fährt und dann den Polizisten forthaben will, der ihn daran hindern will“. – „Man kann so viel lügen, dass es zu einer Sucht wird. In der Bibel sagt der Herr Jesus, dass der Teufel ein ‚Vater der Lüge‘ sei. Mit jeder Lüge laufen Sie in sein Lager, greifen Sie die Hand des Teufels. Und das Merkwürdige ist, dass man lügen muss, obwohl es gar nicht nötig ist. Vielleicht haben Sie die Erfahrung bei sich schon gemacht. Dieses entsetzliche Lügenmüssen der Leute! … ‚Wer Sünde tut‘, sagt Jesus, der ‚ist der Sünde Knecht.‘“

Insgesamt kann man also etwas über die geschichtlichen Zusammenhänge, die Art der Verfolgung, das Handeln von Christen, Grundsätze eines diktatorischen Regimes usw. lernen. Es handelt sich alles in allem um ein empfehlenswertes Buch.

Jochen Klein

[1] Mehr zu Wilhelm Busch auf www.denkendglauben.de

Wilhelm Busch: Meine Erlebnisse mit der Gestapo. Freiheit aus dem Evangelium. Bielefeld (CLV) 2024. Paperback, 92 Seiten. ISBN 978-3-86699-789-9. 6,90 Euro.
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