Manfred Spitzer ist Leiter der psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm und des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen sowie einer der bedeutendsten deutschen Gehirnforscher. In der breiten Öffentlichkeit ist er besonders durch seine Kritik an den sogenannten neuen Medien bekannt. So veröffentlichte er 2005 das Buch Vorsicht Bildschirm. Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft, in dem er versuchte, das Gefahrenpotenzial von Fernsehen, Video-, Computerspielen und Internetgebrauch deutlich zu machen. 2012 erschien Digitale Demenz. Wie wir unsere Kinder um den Verstand bringen (368 Seiten, Droemer Verlag; mittlerweile als Taschenbuch erhältlich), wo er anhand vieler Beispiele und Untersuchungen die Gefahren von Computer, Smartphone und Internet darlegt. In dem neuen Buch Cyberkrank liegt der Schwerpunkt auf der zunehmenden Digitalisierung des Alltags und den Auswirkungen auf unsere Gesundheit.
Schon anhand dieser kurzen Inhaltsangaben ist zu erkennen, dass die Bücher ähnliche Schwerpunkte haben, sich aber auch gegenseitig ergänzen. In dem neuen Werk geht es konkret um Smartphones, Cybersucht, das Ende der Privatheit, Cyberstress, Cyberangst, Cyberchondrie, Cybersex, digitale Kindheit und Jugend, digitale Schlaflosigkeit, Depression und Einsamkeit – bei einigen dieser Themen wird auch auf deren Form als Zivilisationskrankheit eingegangen – und generell, besonders am Schluss des Buches, um Lösungsvorschläge.
Der Text enthält immer wieder Fachbegriffe, ist aber sonst gut verständlich. Das Buch ist sehr übersichtlich gegliedert und die Zusammenfassungen am Ende der Kapitel sind sehr hilfreich. Die manchmal etwas längeren Ausführungen zur Begründung der Thesen und zu den Untersuchungszusammenhängen kann man ohne größeren Verlust überfliegen. Der eigentliche Text endet auf Seite 354, danach folgen Anmerkungen und Literaturverzeichnis. Wenn man die anderen Bücher Spitzers kennt, kommen einem etliche Aspekte bekannt vor, und auch innerhalb des Buches gibt es manche Wiederholungen, was aber m.E. nicht sehr stört, da man dabei öfter neue Zusammenhänge erkennt.
Warum sollte man als Christ ein solches Buch lesen? Die Überflutung mit digitalen Medien ist mittlerweile eine Tatsache. Um sich über die damit einhergehenden Folgen klarer zu werden, helfen diese Bücher, da sie auf viele Themen konkret eingehen. Dabei stehen besonders Kinder und Jugendliche im Fokus. Manchen mag dabei stören, dass die Darstellung einiger Aspekte etwas zu extrem und überspitzt erscheint.
Da es sich um ein säkulares Buch handelt, gehen die Begründungen und Bewertungen auch nur von dieser Perspektive aus (manchmal mit kurzen Verweisen auf die Evolution). Trotzdem halte ich eine Lektüre für hilfreich und nützlich. Wer sich von den Inhalten und vom Verfasser einen Eindruck verschaffen möchte, kann sich auch auf YouTube Vorträge von ihm zu beiden neueren Themenschwerpunkten (Digitale Demenz und Cyberkrank) ansehen.
Jochen Klein
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