Skepsis bedeutet u.a. „kritischer Zweifel, Bedenken, Misstrauen“. So hängt das Zeitalter der Skepsis mit der „Kritik im Augenblick ihres definitiven Triumphes“ zusammen, wie Zygmunt Bauman die Postmoderne charakterisiert. Und es stellt sich die berechtigte Frage: Was bleibt hier noch übrig, wenn nahezu alles ins Wanken gerät?
Die postmoderne Beliebigkeit hat auch zur Folge, dass oft relative oder ausdrücklich böse, unbiblische Maßstäbe herangezogen und zu Idealen erklärt werden. Um dafür sensibler zu werden, empfiehlt sich die Lektüre des Buches Glauben wozu? Religion im Zeitalter der Skepsis von Timothy Keller. Er selbst fasst sein Anliegen in diesem Buch wie folgt zusammen:
„Vor ein paar Jahren schrieb ich ein Buch mit dem Titel Warum Gott[1], das ein Bündel an Argumenten für den christlichen Glauben an Gott liefert. Für viele war es hilfreich, doch für andere ging es nicht weit genug zurück. Manche werden diese Entdeckungsreise gar nicht erst antreten, weil christlicher Glaube ihnen einfach nicht relevant genug erscheint, als dass sie der Mühe wert wäre ... Dieser Band beginnt mit diesen Einwänden. In den ersten zwei Kapiteln hinterfrage ich die Annahmen, dass die Welt immer säkularer wird und dass säkulare, nichtreligiöse Menschen ihre Sicht vom Leben vor allem aus der Vernunft ableiten … Im zweiten Teil des Buches werde ich vergleichen, wie christlicher Glaube und Säkularismus (mit gelegentlichen Bezügen zu anderen Religionen) versuchen, den Menschen Sinn, Zufriedenheit, Freiheit, Identität, ethische Moral und Hoffnung zu verschaffen – die wesentlichen Dinge, ohne die wir nicht leben können. Ich werde aufzeigen, dass der christliche Glaube emotional wie kulturell am meisten Sinn ergibt, dass er diese großen Lebensthemen am treffendsten erklärt … Warum Gott thematisiert außerdem nicht die vielen unterschwelligen Überzeugungen, die unsere Kultur uns über den christlichen Glauben aufdrückt und ihn so wenig plausibel erscheinen lassen. Diese Annahmen werden uns nicht ausdrücklich in einer Argumentation präsentiert, sondern begegnen uns verpackt in den Geschichten und Themen in Unterhaltung und Social Media, einfach als ‚die Dinge, wie sie sind‘. Diese Annahmen sind so stark, dass selbst bei vielen Christen – vielleicht zunächst im Verborgenen – der Glauben in ihren Köpfen und Herzen immer mehr an Kraft verliert“ (S. 11f.).
Die drei Teile des Buches sind überschrieben mit „Wozu Religion?“, „Religion hat mehr zu bieten, als man meint“ und „Christsein ist vernünftig“. Die zwölf Kapitel sind klar gegliedert, enthalten viele hilfreiche Zwischenüberschriften und die Sprache ist für mit dieser Thematik Vertraute recht leicht zu verstehen, also flüssig lesbar. Wie in den meisten Büchern Kellers wird in der deutschen Übersetzung aber zu oft der Indikativ statt des Konjunktivs verwendet. So wird öfter nicht ganz klar, wo der Autor andere Positionen noch referiert und wo seine eigene Position beginnt. Manchmal wird das Verständnis für andere Positionen leicht übertrieben, z.B. wenn Keller schreibt: „Wo man sich danach ausstreckt, die andere Seite zu verstehen, dass die Gegner sagen können: ‚Du stellst meine Position besser und überzeugender dar, als ich es selbst kann‘“ (S. 11) oder „Der Sinn im Leben mag darin liegen, dem Kreislauf der Reinkarnation zu entfliehen, um in die ewige Seligkeit einzugehen, oder der Illusion der Welt zu entkommen, um mit der All-Seele des Universums zu verschmelzen“ (S. 97). Und wenn er schreibt, dass es unter Historikern umstritten sei, „wie historisch zuverlässig“ die vier Evangelien seien, dann enttäuscht das doch etwas, da es ja gerade eines der Anliegen dieses Buches ist, den Unsinn vieler sich als wissenschaftlich ausgebender Positionen deutlich zu machen.
Bis auf das eine oder andere fragwürdige Detail stimmt aber die Gesamtargumentation mit der biblischen Botschaft überein. So kann das Buch empfohlen werden, auch weil es aktuell auf dem deutschen Buchmarkt m.E. kein anderes mit vergleichbarer Schwerpunktsetzung gibt.
Jochen Klein
[1] Vgl. jochenklein.de.
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