Es gibt viele Theologen, die die Auferstehung Jesu leugnen. Und Nichtchristen sowieso. Diesen (und anderen) widmet der Apostel Paulus längere Ausführungen, nämlich in 1. Korinther 15. Dort schreibt er unter anderem: „Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist also auch unsere Predigt vergeblich, vergeblich auch euer Glaube. Wir werden aber auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir in Bezug auf Gott bezeugt haben, dass er den Christus auferweckt habe, den er nicht auferweckt hat, wenn wirklich Tote nicht auferweckt werden. Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, so ist auch Christus nicht auferweckt. Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube nichtig; ihr seid noch in euren Sünden. Also sind auch die in Christus Entschlafenen verloren gegangen“ (V. 14–18).
Dies bedeutet, dass der christliche Glaube „vergeblich“ wäre, wie Paulus es formuliert, wenn Christus nicht auferstanden wäre. Diesen Ansatz nun hat der moderne „Prophet der Gottlosigkeit“, Friedrich Nietzsche (1844–1900), konsequent zu Ende gedacht. So gilt er als „Leitfigur der Moderne“, da er „durch seine Haltung, viele Überzeugungen seiner Zeit infrage zu stellen, den Nerv seiner Zeit traf … Es ging ihm in seinen Schriften um die Schaffung eines freien, starken Menschen (des sog. Übermenschen), so dass die Verneinung überkommener Werte zum Fundament der von ihm angestrebten neuen Moral wurde“ (Deutschbuch P.A.U.L. D. Oberstufe). Elmar Schenkel, Mitglied im Vorstand des Nietzsche-Vereins, formuliert demgemäß: „Das Denken Friedrich Nietzsches ist nach wie vor sehr aktuell und spielt in gesellschaftspolitischen Fragen eine sehr große Rolle“.
Fasst man Nietzsches Leben in einem Satz zusammen, könnte dieser so lauten: „Ein Gelehrtendasein, früh beginnend, bald abgebrochen, endet im Wahnsinn“ – so der Nietzsche-Kenner Peter Pütz. Die Aussage Nietzsches „Meine Wahrheit ist furchtbar: denn man hieß bisher die Lüge Wahrheit“ bringt sein Programm auf den Punkt. Oder: „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt“.
Christoph Helferich schreibt in seiner Geschichte der Philosophie, dass seine „Radikalität eine große Anziehung“ ausübe und sein Verdacht sich auf alle Bereiche der kulturellen Tradition gerichtet habe: „die Geschichte der Religion, der Wissenschaften, des Rechts, der Moral; ganz allgemein auf alle Formen des menschlichen Zusammenlebens samt ihrem gedanklichen und gefühlsmäßigen ‚Kitt‘“? – Grundvoraussetzung für diese Position sei der „Tod Gottes“, wie ihn Nietzsche postuliert habe.
Über Arthur Schopenhauer und dessen Philosophie, die stark am Buddhismus ausgerichtet war, und die vorsokratische griechische Philosophie fand er den – ihm verwandten – Gott: Dionysos, den Zerstörer, den Antichristen; das Nein zu jeglichem christlichen Glaubensinhalt. Demgemäß formulierte Nietzsche dann über sich selbst: „Ich bin auf Griechisch und auf Nichtgriechisch der Antichrist.“
Die geistige Umnachtung, in der er starb, wurde wahrscheinlich durch mehrere Faktoren verursacht: genetische Vererbung, regelmäßige Rauschgifteinnahme, dämonische Einflüsse, seelische Verarmung und Realitätsschwund.
Nietzsche stammte aus einer evangelischen Pfarrerfamilie, wo allerdings spätromantische Mystik mit pantheistischen Zügen Einzug gehalten hatte. Mit diesen Vorstellungen war man immer mehr davon abgekommen, Umkehr und Glauben an Jesus Christus für zentral zu halten. Die Betonung des Gefühls und der subjektiven religiösen Erfahrung verdrängten das objektive Wort Gottes.
Auch die historisch-kritische Methode[1] als Spätfrucht der Aufklärung[2] war ein wesentlicher Aspekt für den philosophischen Ansatz Nietzsches. Durch den Einfluss bibelkritischer Gelehrter setzte Nietzsche seine historisch-kritischen Annahmen absolut und warf Christen wie Juden bewusste Geschichtsfälschung vor. Da der christliche Glaube historische Tatsachen gefälscht habe, folgerte Nietzsche, dass alle christlichen Moralkriterien erfunden worden seien, genauso wie Gott. Er zog die Schlussfolgerung, dass eine Religion, die sich der Geschichtsfälschung bedient, weniger als nichts wert sei. In diesem Sinne erklärte er sich zum ersten „Immoralisten“. Geprägt von den Denkansätzen des 18. Jahrhunderts, sah Nietzsche schließlich sein Lebenswerk darin, die Auswirkungen der Reformation des 16. Jahrhunderts zu überwinden. Sie sei gegenüber den „lebensbejahenden Mächten der Renaissance“ ein Rückfall.
Dieses Programm der „Umwertung aller Werte“ beruht auf folgenden Grundsätzen:
Das Grundkonzept vom „Willen zur Macht“ oder der „Umwertung aller Werte“ bestimmen die Wertmaßstäbe der heutigen Gesellschaft mit.[3] An die Stelle der Grundsätze Gottes ist unter anderem die Überzeugung getreten, dass ethische Wertmaßstäbe relativ und veränderbar seien. So stellen sich viele in die Tradition des Aufstands gegen Gott, wird doch zum Beispiel in vielfältigsten Bereichen selbst entschieden, was gut und böse ist.
Nietzsche erkannte schon früh, wohin die bibelkritischen Ansätze führten. Ihm war klar, dass der christliche Glaube in der Tradition der Aufklärung auf tönernen Füßen steht. Sein Heilsweg bestand aber nicht darin, sich der Überzeugung von der Inspiration der Bibel zuzuwenden, sondern darin, den Zugang zum Heil von Gott in den Menschen zu verlegen. Seine Zukunftshoffnung war eine säkularisierte, nämlich dass der Mensch sich mithilfe des Evolutionsprozesses höherentwickeln werde.
Das Beispiel Nietzsche ist abschreckend und dessen Werdegang sollte uns sensibilisieren, das Denken der Aufklärung und der Bibelkritik nicht zu unterschätzen, aber auch nicht die Ideen so mancher Philosophen und Welterklärer. Das Gegenkonzept zu dem, was Paulus in 1. Korinther 15 entfaltet, ist das Programm Nietzsches: Wenn Christus nicht auferweckt ist, ist der Glaube vergeblich. Während das Wort vom auferstandenen Christus vielen Menschen und dadurch auch Gesellschaften die Rettung und viel Segen gebracht hat, sehen wir das Gegenteil bei Nietzsche. Eine Zwischenlösung gibt es nicht. Dies sollte uns zur Warnung dienen. Letztlich hat Nietzsche das konsequent zu Ende gedacht, was wäre, wenn Christus nicht auferstanden wäre. – „Nun aber ist Christus auferstanden …“ (1Kor 15,20).[4]
Jochen Klein
[1] Vgl. dazu Jochen Klein: „Das moderne Denken und die Bibelkritik“, auf www.jochenklein.de.
[2] Vgl. dazu Jochen Klein: „Kritisches zur Aufklärung“, auf www.jochenklein.de.
[3] Vgl. dazu Jochen Klein: „Kritisches zur 1968er-Bewegung“, auf www.jochenklein.de
[4] Mehr zu diesem Thema auf www.jochenklein.de
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