denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Dankbarkeits-Perspektive

In einer Zeit, in der zunehmend die Opferperspektive angesagt ist, ist es wieder einmal an der Zeit, uns an die christliche Dankbarkeitsperspektive zu erinnern.

Die christliche Dankbarkeitsperspektive hat einen anderen Ansatzpunkt als die Opferperspektive. In der Bibel spielt das Danken eine bedeutende Rolle. Das entsprechende hebräische Wort bedeutet „danken“, „loben“, „preisen“, das griechische hängt mit dem zentralen biblischen Begriff „Gnade“ zusammen.

Dank ist in der Bibel die Antwort, die der Mensch auf das Handeln Gottes zu geben schuldig ist: auf die Schöpfung der Welt und des Menschen, auf die Versorgung mit den Gaben für Leib und Seele. Weiterhin soll der Mensch mit seinem Dank auf die Güte Gottes antworten, die sich besonders in seiner Barmherzigkeit gegenüber dem sündigen Menschen zeigt. Sie erhört Gebete und das Rufen aus schwierigen Situationen, und sie ist jeden Morgen neu.

Beim Nachdenken über seinen persönlichen Lebensweg kommt der Mensch über die weisen Pläne Gottes ins Staunen, denn er denkt an uns und gibt uns seinen Segen auf vielfältige Weise. Dies sollte Dank zur Folge haben. Aber die Spuren von Dankbarkeit verlieren sich im alltäglichen Kampf wieder leicht. Daher ist es wichtig, dass wir eine Grundhaltung der Dankbarkeit und einen Lebensstil der Zufriedenheit entwickeln.

Und was ist, wenn ich mich einfach nicht dankbar fühle? In den Psalmen werden die Menschen oft zur Dankbarkeit aufgefordert. Das legt nahe, dass hier der Wille eine wichtige Rolle spielt. Der Zusammenhang zeigt dann häufig, dass der Verfasser in einer schlimmen Lage war und mit Gottes Hilfe zu einer anderen Bewertung der Situation gelangen konnte. Und dann kam echte Dankbarkeit hervor. Dies mit Gottes Hilfe einzuüben ist ein wichtiger Schritt zu einer veränderten Sichtweise. Undankbarkeit verhärtet nämlich das Herz und hält Gott und die Menschen auf Abstand.

Schauen wir in unsere persönliche Geschichte zurück, dann gibt es sehr viele Situationen, wo wir gute Gründe zum Danken hatten. Und auch wenn wir die Umstände nicht zum Danken fanden, wurde uns manchmal im Nachhinein klar, wofür sie gut waren, warum sie ein Grund waren, dankbar zu sein, und wie uns Gott konkret geholfen hat.

Und warum können Christen auch dankbar sein, wenn sie in problematischen Situationen sind und die Gründe dafür nicht erkennen können? „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken“ (Röm 8,28). – In diesem Vertrauen können wir weiter voranschreiten, wissend, dass Gott einen guten Plan hat und uns auch in Zukunft helfen wird.

Von den Lebenswegen anderer Gläubigen können wir ebenfalls viel lernen. Wir sind sowohl angehalten für sie zu bitten als auch dankbar für Gottes Wirken an ihnen zu sein oder auch für ihren Segen in Bezug auf uns zu danken. Diese Motive werden u.a. gut in den Paulusbriefen deutlich.

Dankbarkeit sollte somit die Gesinnung unseres Herzens sein/werden. Sie ist auch meist ein Schlüssel, um die Ratschlüsse Gottes besser verstehen zu können. Und die Dankbarkeitshaltung kann/sollte sich in verschiedenen Formen äußern – in Taten, konkret in der gehorsamen Nachfolge des Herrn oder auch im Gebet.

Es gibt allerdings Menschen, die sich nicht zum Dank Gott gegenüber aufrufen lassen. Zudem gibt es falsches Danken. So suchten z.B. die Pharisäer oft den Grund zur Dankbarkeit in sich selbst, in dem, was sie scheinbar selbst geschafft hatten. Sie verkannten, dass Gott letztlich dahinter steht, wenn er uns etwas gelingen lässt. Dieser hochmütigen Haltung widersteht Gott. Weiterhin bedeutet es letztlich eine Verachtung Gottes, wenn Gläubige ihm nicht danken, haben sie doch letztlich alles von ihm und sind von ihm abhängig. Diese Verachtung Gottes bringt der zum Ausdruck, der stolz auf seine Gaben und Fähigkeiten vertraut, anstatt sie als von Gott kommend zu betrachten und so anzunehmen.

Auch das öffentliche Danken, besonders im Zusammenhang mit dem Abendmahl, hat eine besondere Bedeutung in der Bibel. Und schließlich sollte unser ganzes Leben ein „lebendiges Opfer“ als Dank für das Opfer des Herrn Jesus sein (Röm 12,1).

Lassen wir uns also nicht von der aktuellen Opfer- und Diskriminierungsperspektive anstecken, sondern von der Dankbarkeitsperspektive: „Sagt allezeit für alles dem Gott und Vater Dank im Namen unseres Herrn Jesus Christus“ (Eph 5,20).

Jochen Klein

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