denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Christen und Medien

Teil 1: Medien allgemein

Viele von uns sind oft im Internet unterwegs, mit Computer, Smartphone oder Tablet. Das gehört einfach mittlerweile dazu. Und wir sind dankbar für viel Positives, das dies mit sich bringt. Dass die Menschen mit Medien umgehen, ist aber nicht neu, gibt es diese doch schon seit langer Zeit. Seit einigen tausend Jahren sind Texte auf unterschiedlichen Materialien überliefert, zur Zeit Luthers wurden z.B. Flugschriften genutzt, dann Bücher und heute eben auch die elektronischen Medien.

Religion und Pornographie waren seit jeher die Hauptinhalte und da hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert. So war es schon damals für die Menschen wichtig, Gutes und Schlechtes zu trennen. Und das ist heute noch so.

Was aber heute eine besondere Herausforderung ist, ist die Vielzahl der Aspekte, die in Bezug auf die Medien zu bewältigen sind. Einige davon möchten wir hier bewusst machen. Im ersten Teil eher allgemein, im zweiten Teil folgen mehr konkrete Aspekte für den Umgang mit Medien im Alltag.

Fragen wir uns zuerst: Was sind eigentlich Medien? Sie sind Vermittler einer Information oder einer Botschaft. Diese Information/Botschaft kann gut oder schlecht sein. Somit ist das Medium (die vermittelnde Instanz) zunächst wertneutral, was wichtig ist festzuhalten. Ob „neues“ Medium (Smartphone, Computer, Internet usw.) oder „älteres“ Medium (Buch usw.).  Und um ein Ergebnis vorwegzunehmen: Der Nutzen oder der Nachteil hängt stark mit den Inhalten zusammen – aber nicht nur.

Was ist Wahrheit?

Betrachten wir zunächst einmal die gedanklichen Grundlagen: Menschen haben seit jeher versucht, andere von ihrer Meinung zu überzeugen. – Mit unterschiedlichen Mitteln. So gab es u.a. Kampfschriften, Verteidigungsschriften, Anklageschriften. Diesem allem liegt ein Verständnis davon zugrunde, was richtig und was falsch ist. Und das ist heute nicht anders.

Die Wahrheitsfrage zeigt sich aber in noch mehr Bereichen. Da diese so zentral ist, beschäftigen sich auch Zeitungen und Magazine immer wieder damit. So erschien z.B. der Focus 47/2019 unter dem Titel „Die Macht der Manipulation. Wie wir von Fake News und Lügen gesteuert werden“, und der Spiegel hatte in der gleichen Woche den Titel „Im Dienst der Wahrheit. Von Watergate bis Trump: Macht und Tragik der Whistleblower.“

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 4. April 2020 wurde ein in diesem Zusammenhang sehr interessantes Buch rezensiert: Brüchige Wahrheit. Zur Auflösung von Gewissheiten in demokratischen Gesellschaften von Myriam Revault d’Allonnes. Die Kernbotschaft ist: Eine Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit macht sich breit und der Sinn für die Unterscheidung von Wahr und Falsch, zwischen Fakten und Fiktion schwinde. Die Folgen seien fatal, da so Tatsachenbehauptungen schließlich zu reinen Meinungsäußerungen würden.

Woran kann es liegen, dass diese Entwicklungen in letzter Zeit zuzunehmen scheinen? Im Focus (s.o.) war dazu zu lesen: „Willkommen in der schönen, bunten und aufregenden Ära des Digitalen. Einer Ära, in der Wissen, Bildung und Wahrheit für jedermann jederzeit verfügbar sein sollen. Einer Ära, in der die Menschheit globalen Fortschritt, Freiheit und Toleranz zu finden glaubte. Und die doch auch eine Ära des Betrugs, der Fälschung, der schwarzen Propaganda und einer nie dagewesenen Manipulation der Massen ist … Zur Zerstörung der Wahrheit aber hat das Netz einiges beizutragen. Im digitalen Kosmos verbreiten sich Lügen und Manipulation epidemisch. Sie beeinflussen Wahlen, unterminieren das Vertrauen in Behörden, Parteien und staatliche Ordnungen, sie schüren Zwietracht, soziale Spannungen und Hass … Das Netz ist ein Lügen-Discounter. Identitäten, Kampagnen, Bild- und Textnachrichten – alles lässt sich manipulieren und billig kaufen. Gefälschte IP-Adressen? Automatisierte Facebook-Gruppen? Manipulierte Wikipedia-Beiträge? Alles da. Vor den Algorithmen scheint keine Wahrheit sicher. Videos und Bilder werden heute per KI perfekt gefälscht (deep fake).“

Erinnern wir uns: Schon die berühmte Pilatus-Frage in der Bibel lautete: „Was ist Wahrheit?“, und schon immer hat Menschen die Frage umgetrieben, was richtige und was falsche Informationen sind. So zweifelten die ersten Menschen – veranlasst durch den Satan – das an, was Gott als zentrale Information geboten hatte – mit den bekannten Folgen. Ähnlich erging es auch späteren Menschen oder Völkern, die Gottes Grundsätzen keine oder kaum Beachtung schenkten. Und bis heute wird in Gesellschaft und Politik gelogen, was negative Folgen nach sich zieht.

Wahrheit von Journalisten

Ende 2018 gab es in Deutschland einen Medienskandal, weil der Spiegel-Journalist Claas Relotius über viele Jahre seine Geschichten fälschte. Für diese hatte er viele Ehrungen und Preise bekommen. Dies konnte auch deshalb geschehen, weil ca. 80% der Journalisten politisch links einzuordnen sind und er mit seinen Klischees deren Position bediente. Der Journalist Harald Martenstein schrieb im Zeit Magazin (17.01.2019) dazu, dass bei der „richtigen“ politischen Gesinnung da dann keiner mehr so genau hinschaue. Und einen zweiten wichtigen Punkt spricht er im Zusammenhang mit einseitiger Presse an: „Ein … Schlüsselwort des neuen Journalismus ist ‚Wahrheit‘. Dieses Wort ist ein Synonym für ‚Meinung‘ geworden. Das, was sie als Meinung zwischen den Ohren spazieren führen, nennen heute viele ‚die Wahrheit‘“. So kommt es nicht selten vor, dass besonders in weltanschaulichen Fragen Journalisten eigene Positionen als absolut setzen und andere dann oft mit negativen Begriffen (gerne auch aus dem Nationalsozialismus) bezeichnen.

Vermüllung unserer Gehirne

Einen anderen Schwerpunkt setzt Maren Urner in ihrem Buch Schluss mit dem täglichen Weltuntergang. Wie wir uns gegen die digitale Vermüllung unserer Gehirne wehren. Sie hat festgestellt, dass die vielen Informationen, die täglich auf uns einströmen, oft nicht gut für uns sind, und schreibt, dass die „Bombardierung“ unserer Wahrnehmung durch all die negativen Einzelereignisse weitreichende Folgen für Gehirn und Psyche habe. Das überfordere uns. Je mehr Meldungen wir konsumierten, umso extremer seien die Wirkungen: wir stumpften ab. Dies lasse uns auch hilflos zurück, was Pessimismus und Depression begünstige. Da sich die schlechten Nachrichten am besten verkauften, platziere der, der mit unserer Aufmerksamkeit Geld verdienen wolle, möglichst viel davon. Auch macht sie auf das Entlarven von Scheinobjektivität aufmerksam: Die Objektivität von Medien sei eine Fata Morgana. Denn die Frage, wie jemand „objektiv“ berichte und „Subjektivität“ vermeide, stelle sich nicht, weil das unmöglich sei. Jeder Mensch könne nur urteilen, weil er Werte habe. Deshalb bräuchten wir mehr kritisches Denken, Vernunft, Ehrlichkeit und vor allem Mut – auch um die eigene Begrenztheit anzuerkennen. So müssten nun die Informationen gefiltert, bewertet, eingeordnet und kritisch hinterfragt werden.

Verzicht auf (unnötige) Informationen

Urner schlägt, um mit den Medien besser zurechtzukommen, zunächst einmal das Ändern der Gewohnheiten vor. Dazu sei zunächst eine Bestandsaufnahme des Informationskonsums nötig. Folgende Fragen seien z.B. hilfreich: Wie viel Zeit verbringe ich mit unterschiedlichen Medien? Wie oft lasse ich mich von Mails, Benachrichtigungen usw. ablenken? Wer aber dem digitalen Hamsterrad entkommen wolle, versuche es mit sogenanntem digital detox, also „digitaler Entgiftung“. Dafür gebe es auch Kliniken, die sich auf Abhängigkeit von der digitalen Welt spezialisiert hätten.

Unter den möglichen Lösungen gibt es auch eine radikale. Der Schweizer Schriftsteller Rolf Dobelli verfolgt seit einiger Zeit diesen Weg, der unter Medienschaffenden sonst eher selten ist. Er entfaltet ihn in seinem neuesten Buch Die Kunst des digitalen Lebens. Wie Sie auf News verzichten und die Informationsflut meistern. Er legt ausführlich dar, wie er geradezu süchtig nach Informationen gewesen sei und gedacht habe, sie würden ihn schlau machen. Das Gegenteil sei aber der Fall gewesen. Er habe z.B. wegen des Newskonsums Mühe gehabt, längere Texte am Stück zu lesen. Dann sei er zu einer radikalen Lösung gekommen und habe seit 2010 keine News mehr konsumiert, weder in der Zeitung, noch im Fernsehen, noch im Radio noch im Netz. Er empfiehlt dies sehr und hat das bis heute nicht bereut. So gehe es ihm wesentlich besser.

Schlussfolgerungen

Wenn wir die geistige Entwicklung unserer Kultur bewusst machen, müssen wir feststellen, dass sich die (biblischen) Maßstäbe zusehends verschieben oder abgeschafft werden. Die Wahrheit des Wortes Gottes wurde in einigen zentralen Bereichen „mit der Lüge vertauscht“ (Röm 1,25). Die Folgen sind Niedergang im persönlichen, gemeindlichen und gesellschaftlichen Leben. Da die damit verbundenen Ideale in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen, werden wir von den Medien oft dahingehend beeinflusst.

So verwundert es auch nicht, dass die Lüge und ihre Begleiterscheinungen sich immer mehr ausbreiten, wie wir oben sahen – wird doch schon im ersten Kapitel des Römerbriefs davon gesprochen, dass Gott die Menschen wegen ihres Abweichens von seinen Grundsätzen und ihres Bleibens im Bösen „hingegeben hat“. Es ist wichtig, dass wir uns dies bewusst machen und auf der Basis der Bibel verantwortlich mit Wahrheit und Lüge umgehen. Der 2. Brief an die Thessalonicher warnt uns vor einem Extrem, nämlich dass Gott Menschen „eine wirksame Kraft des Irrwahns“ sendet, „dass sie der Lüge glauben“ (2,11), und zwar darum, weil „sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden“ (V. 10) und „damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit“ (V. 12).

Lassen wir uns also wieder neu motivieren, verantwortlich mit den Medien umzugehen, wahrhaftig zu sein und Wahrheit zu reden.

Jochen Klein

Ausführlichere Informationen zu den Themen, Quellen und Literaturhinweisen auf www.jochenklein.de, Extras .

 

Teil 2: In der Mediengesellschaft leben

 

Wenn über das Internet und den Umgang mit Medien nachgedacht wird, stehen oft die problematischen Aspekte im Vordergrund. Deshalb ist es wichtig, sich zunächst einmal die positiven oder notwendigen Seiten ins Gedächtnis zu rufen. Hier wären als Erstes natürlich biblische Inhalte auf christlichen Websites zu nennen. Berufstätige und Schüler kommen heute kaum noch ohne das Internet aus (was auch öfters des Guten zu viel wird). Schließlich benötigt man das Internet für unterschiedliche Formen der Kommunikation, zur Informationsrecherche im Alltag, zum Einkaufen usw.

Daraus ergeben sich aber schon die ersten Probleme. Im Internet werden auch zweifelhafte religiöse Inhalte verbreitet. Schüler und Studenten schreiben ihre Aufgaben eventuell ab und geben diese oder andere Arbeiten als eigene aus oder bedienen sich minderwertiger Quellen; Ähnliches gilt für Studenten und Wissenschaftler. Informationen, die das Internet liefert, können falsch sein, und die Kommunikation im Internet kann ausufern oder außer Kontrolle geraten.

Internetnutzer brauchen daher Medienkompetenz und Lebenskompetenz. Medienkompetenz bedeutet nicht nur, den Computer technisch zu beherrschen, sondern für die kritischen Bereiche der digitalen Welt sensibel zu werden und zu lernen, verantwortungsvoll damit umzugehen. Und Lebenskompetenz – also die Fähigkeit, richtig zu leben – bekommen wir durch das Lesen des Wortes Gottes, durch Gebet, Stunden der Belehrung, gute Vorträge, gute Literatur usw.

Um nun gut mit den modernen Medien zurechtzukommen, gilt es einiges zu beachten. Dies kann in diesem Rahmen aber nur schlaglichtartig, thesenhaft gemacht werden.[1]

 

  1. Multitasking

Oft sind wir bei den elektronischen Medien parallel in einigen Bereichen unterwegs. Es ist aber eine Illusion zu glauben, (besonders bei Medien) mehrere Aufgaben gleichzeitig lösen zu können und somit effizienter und erfolgreicher zu sein, da sich unser Gehirn immer nur auf eine Sache wirklich konzentrieren kann. So ist das schnelle Springen der Aufmerksamkeit sogar kontraproduktiv. Wir haben uns zwar daran gewöhnt, uns ständig ablenken zu lassen. Die Unterbrechung, die unsere Konzentration stört, erschwert es aber wieder, fokussiert zur beabsichtigten Tätigkeit zurückzufinden.

  1. Aufmerksamkeit

 

Das Internet des 21. Jahrhunderts und die damit verknüpften Geschäftsmodelle basieren auf einem Kampf um unsere Aufmerksamkeit. Deshalb machen sie sich unseren Hunger nach Sensation zunutze. Auch deshalb stehen oft die schlechten Nachrichten im Vordergrund oder es werden selbst Alltäglichkeiten mit extremen Formulierungen bedacht. Dies hinterlässt Spuren in unserem Gehirn und unserer Psyche. Die Herausforderung liegt darin, unsere Lebensrealität so zu organisieren, dass uns nicht die neuen Technologien in den Griff bekommen. Wenn uns dieser Zugriff langsam entgleitet, nennt man das FOMO – „fear of missing out“, also die „Angst, etwas zu verpassen“. Das ist zwar kein anerkanntes Krankheitsbild, wird aber nicht nur von Therapeuten mittlerweile sehr ernst genommen. Smartphones und Tablets sind hier die Hauptgefahrenquellen.

 

  1. Soziale Netzwerke

Was den Umgang mit sozialen Netzwerken allgemein betrifft, müssen wir zunächst festhalten, dass Sozialverhalten nicht am Bildschirm gelernt werden kann. Erst wenn wir dies gelernt haben, können wir soziale Beziehungen auch medial vermittelt gestalten. Soziale Netzwerke basieren aber oft auf Geschäftsmodellen, die bedenklich sind. So gilt grundsätzlich in Bezug auf Facebook und ähnliche soziale Netzwerke: Wenn es nichts kostet, bist du nicht der Konsument, sondern die verkaufte Ware. Denn: Daten sind das „Gold des 21. Jahrhunderts“, wie einige sagen. Viele Internetfirmen spionieren aus und verkaufen diese Daten an Werbefirmen oder wen auch immer. Neben anderen ist ein Hauptproblem das Vergleichen mit anderen, was zu Neid, Eifersucht und Minderwertigkeitsgefühlen führen kann.

Bei den sozialen Netzwerken gilt:

  • extra E-Mail-Adresse und sicheres Passwort
  • maximale Privatsphäre einstellen
  • Inhalte gut überlegt einstellen
  • keine Unbekannten in die Kontaktliste aufnehmen!

Ein zentraler Bestandteil sozialer Netzwerke sind Fotos. Hierfür gilt sehr zentral das Recht am eigenen Bild, was sehr oft nicht beachtet wird. Wer sich darüber hinwegsetzt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.

 

  1. Das Smartphone

Es schauen viele Menschen ca. 150 Mal am Tag auf das Smartphone. Die durchschnittliche tägliche Nutzung beträgt ca. 4 Stunden, 40 Minuten. Untersuchungen zeigen, dass eine intensive Nutzung des Smartphones mit schlechteren Leistungen, höherer Angst und geringerer Lebenszufriedenheit einhergeht. In diesem Zusammenhang gibt es eine neue Krankheit: die Nomophobie (no mobile phone + Phobie). Das ist die Angst, von seinem Smartphone getrennt zu sein bzw. es nicht verwenden zu können. So hat der Begriff Trennungsangst im digitalen Zeitalter eine ganz neue Bedeutung erlangt. Nicht ohne Grund empfehlen Experten in Bezug auf Jugendliche eine Zeitbegrenzung für Smartphones mit Internetzugang. In Südkorea liegt die Kurzsichtigkeit bei Jugendlichen bei 90% wegen des häufigen Smartphonegebrauchs. Und: Eltern, die sich schwerpunktmäßig auf ihr Smartphone konzentrieren und nicht auf ihr (Klein-)Kind, schaden diesem.

 

  1. Sucht

Kinder sind am Computer vielem ungeschützt ausgeliefert: unvereinbaren Reizen, emotional aufwühlenden Bildern, fragwürdigen Orientierungsangeboten. Das hat einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung ihres Gehirns, die wiederum mit der des Verhaltens, Denkens, Fühlens und Gedächtnisses zusammenhängt. Wenn Kinder und Jugendliche täglich mehrere Stunden vor ihren digitalen Geräten verbringen, verändert das ihre Wahrnehmung, ihr Raum- und Zeitempfinden, ihre Gefühlswelt und ihre Fähigkeit, sich im realen Leben zurechtzufinden. Besonders bedenklich sind hier Computerspiele.

Bei Kindern, die täglich stundenlang vor ihren Monitoren sitzen, passt sich das Gehirn an diese Art von Nutzung an, und so ist ihr Denken hochgradig von bildhaften Vorstellungen geprägt. Nach und nach kann es dann zu einer suchtartigen psychischen Abhängigkeit kommen.

Wenn heutzutage die Medien-Sucht zunimmt, so hängt dies in erster Linie damit zusammen, dass die Kinder nicht das bekommen, was sie benötigen, und in die virtuelle Welt flüchten. Offenbar wachsen viele Kinder inzwischen unter Bedingungen auf, die ihnen nur wenige Möglichkeiten bieten, ihre wirklich wichtigen Bedürfnisse zu stillen, sodass sie sich „Ersatzbefriedigungen“ suchen.

Neue Medien haben also wie Alkohol, Nikotin und andere Drogen ein Suchtpotential. Häufige Netzaktivitäten bei Internetsüchtigen sind: Einkaufen im Internet, Videokonsum, soziale Online-Netzwerke, Chatrooms, Online-Spiele, allgemein intensive nächtliche Nutzung. Zusammenfassend kann man festhalten: Hinter jeder Sucht steckt eine Sehnsucht.

Nur am Rande kann hier erwähnt werden, dass Killerspiele gewalttätig machen, die Gefühle abstumpfen lassen und – im Falle von Ego-Shootern – Aufmerksamkeitsstörungen antrainieren.

Es ist allgemein bekannt, dass Depressionen mittlerweile eine Volkskrankheit sind; nach Erkältungen sind sie der zweithäufigste Grund für Krankschreibungen in Deutschland. Digitale Medien begünstigen das Auftreten einer Depression auf verschiedenste Weise.

 

  1. Lernen

 Wer ein Baby vor einen Bildschirm setzt, riskiert einen negativen Einfluss auf seine geistige Entwicklung: Kleinkinder, die Baby-Filme schauen, kennen deutlich weniger Wörter als andere, sind also in ihrer Sprachentwicklung verzögert. Wenn ein Elternteil täglich vorliest, ergibt sich hingegen ein positiver Effekt auf die Sprachentwicklung. Auch das tägliche Erzählen von Geschichten hat eine positive Wirkung, ebenso das Hören von Musik. Die Computernutzung im Kindergartenalter hingegen kann zu Aufmerksamkeitsstörungen und später zu Lesestörungen führen.

Es wurde bereits erwähnt, dass der Computereinsatz beim Lernen heutzutage unabdingbar ist. In der Schule nehmen Computer den Kindern mittlerweile aber auch Arbeiten ab, die sie besser selbst erledigen würden. Es gibt bis heute keinen hinreichenden Nachweis dafür, dass die moderne Informationstechnik das Lernen in der Schule verbessert. Sie führt im Gegenteil zu oberflächlichem Denken, lenkt ab und hat zudem unerwünschte Nebenwirkungen. So leistet man z.B. beim Kopieren von Informationen aus dem Netz weniger Denkarbeit und beim Schreiben mit dem Computer weniger Gehirntätigkeit, als wenn man von Hand schreiben würde – man behält das Geschriebene weniger und auch die motorischen Fähigkeiten können darunter leiden. Auch ist das Lesen längerer Texte in einem Buch besser als z.B. auf einem Tablet. Wenn Vorwissen in einem Fachgebiet da ist, hilft das Internet sehr gut, dieses zu vertiefen – mehr aber auch nicht. In letzter Zeit gibt es immer mehr namhafte Untersuchungen, die feststellen und bestätigen, dass der Computer als Lernmedium lange Zeit völlig überschätzt wurde. Lernen mit Hirn, Herz und Hand ist nach wie vor zentral wichtig.

Der Besitz einer Spielekonsole wirkt sich schon nach wenigen Monaten messbar negativ auf die Lese- und Schreibleistung von Grundschülern aus, wenn die Nutzung nicht klar reglementiert wird. Auch weil Multitasking – laut Hirnforschung – nicht möglich ist, sollte man z.B. bei Hausaufgaben keine Musik hören und keine sozialen Netzwerke geöffnet haben, denn Menschen, die häufig mehrere Medien gleichzeitig nutzen, weisen Probleme bei der Kontrolle ihres Geistes auf und haben insbesondere Schwierigkeiten bei der Konzentration und Fokussierung.

Die Weltgesundheitsorganisation sagt zum Gebrauch von Bildschirmen im Kindesalter: Weniger ist mehr. Und Handyverbot führt zur besseren Leistung von Schülern.

 

  1. Praktische Überlegungen

Wenn wir aus den obigen Aspekten nun einige praktische Überlegungen ableiten wollen, dann ist es für Eltern zunächst wichtig, dass sie die Hauptrisiken des Internets und auch die Schutzmaßnahmen kennen und sich mit ihren Kindern darüber unterhalten können. Sie sollten weiterhin, je nach Alter des Kindes, über dessen Netzaktivitäten Bescheid wissen. Kinder müssen nach und nach Selbstkontrolle lernen. So lautet also die Empfehlung: Mindestens bis ca. 14 Jahre ist auch technischer Schutz sinnvoll. Der Landesschulelternbeirat Hessen empfiehlt so, keine Bildschirme im Kinderzimmer zu haben, den Kindern keine Möglichkeit zu geben, in der Nacht Handys oder mobile Konsolen zu benutzen, und Jugendlichen unter 16 Jahren keinen Internetzugang auf mobilen Geräten zu ermöglichen.

Generelle Sicherheitshinweise – auch für Erwachsene – wären noch, wichtige Daten regelmäßig auf einer externen Festplatte zu sichern, immer auf einen aktuellen Virenschutz zu achten, die Firewall zu aktivieren und die Webcam zuzukleben.

 

  1. Schluss

Wenn wir das Thema Internet und Computer zusammenfassen, müssen wir feststellen, dass es grob drei Aspekte gibt: 1. Notwendigkeit und Nutzen; 2. zeitraubende Beschäftigung; 3. Kontakt mit Bösem. Diese Aspekte lassen sich allerdings nicht streng voneinander trennen und gehen zum Teil ineinander über. Auch beim Umgang mit Medien sollten wir also vorsichtig sein und uns von „jeder Art des Bösen“ fernhalten (1. Thess 5,22). Denn: „Aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerungen; diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen“ (Mt 15,19–20). Und: „Und „die ganze Waffenrüstung Gottes [anziehen], damit ihr zu bestehen vermögt gegen die Listen des Teufels“ (vgl. Eph 6,10–13).

Es wäre zu wünschen, dass wir mehr und mehr das Wichtige vom Vordergründigen zu unterscheiden lernen, dass wir erkennen, was im Leben wirklich zählt, dass unser Einfluss auf andere eine über dieses Leben hinausgehende Dimension hat und dass der Reichtum in Christus mehr und mehr unser Handeln, unsere Beziehung zu anderen Menschen und auch unseren Umgang mit Internet, Handys und Computern bestimmt.

Jochen Klein

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