denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Erwartungshaltungen

Der König von Syrien schrieb einen Brief an den König von Israel. Der Inhalt: „Ich habe meinen Knecht Naaman zu dir gesandt, damit du ihn von seinem Aussatz befreist“ (2Kön 5,6). Und die verständliche Reaktion des Königs von Israel war: „Bin ich Gott, um zu töten und lebendig zu machen, dass dieser zu mir sendet, einen Mann von seinem Aussatz zu befreien?“ (V. 7)

Kennen wir das auch: Jemand hat Erwartungen an uns, die wir nicht erfüllen können? Sicher kommt das öfter vor. In dieser biblischen Geschichte gab es den Propheten Elisa, der als Werkzeug Gottes Naaman vom Aussatz befreien konnte. In unserem Umfeld gibt es leider nicht immer jemand, der überzogenen Erwartungen anderer an unserer Stelle angemessen begegnen kann.

In Psalm 46 kann man zu diesem Thema etwas lernen. In verschiedenen Bildern wird deutlich, dass unsere Erwartungshaltung letztlich auf Gott gerichtet sein sollte, weil er alles in der Hand hat und beherrscht. Dann wird zusammengefasst: „Lasst ab und erkennt, dass ich Gott bin!“ (V. 46). Noch stärker wird das in Jesaja 43 formuliert, wo die Souveränität Gottes sehr deutlich betont wird, mit der Schlussfolgerung: „Ich bin der Herr und außer mir ist kein Erretter“ (V. 11).

Ein Weg, um dem Volk Israel dies bewusst zu machen, waren die Wunder Gottes, die er an ihnen tat, aber auch die Mangelerfahrungen, die er ihnen begegnen ließ (vgl. 5Mo 29,5). Wenn wir die Geschichte Israels einmal unter diesem Aspekt lesen, stellen wir fest, dass das Volk sowohl an Gott als auch an seine Diener immer wieder überzogene Forderungen stellte, denen aus unterschiedlichen Gründen nicht begegnet werden konnte. Sie brachten z.B. Mose an Grenzen, sodass er, weil er den Felsen schlug, nicht in das Land Kanaan ziehen durfte.

Was lernen wir nun daraus? Erstens sollten wir keine unrealistischen, überzogenen Erwartungen an andere haben. Zweitens können wir überzogene Erwartungen an uns (von anderen, aber auch von uns selbst) an Gott abgeben, der über allem steht. Drittens gibt es vielleicht auch andere Menschen, die bei zu hohen Erwartungen helfen können (wie z.B. Elisa). Und schließlich sollte viertens auch niemand meinen, endgültige Hilfe bei anderen Menschen, anderen Göttern oder sich selbst finden zu können, sondern eben nur bei Gott.

Jochen Klein

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