denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Kritisches zum Evolutionismus

Ursprung und Geschichte der Lebewesen haben die Menschen schon immer interessiert. In den meisten Kulturen vermischten sich die Überlieferungen der Schöpfungsgeschichte schon früh mit den aufkommenden Religionen und Götzenkulten und wurden dadurch zu Mythen. Daneben begannen sich bereits in der frühen Antike Vorstellungen von einer Entwicklung des Kosmos und einer gemeinsamen Abstammung der Lebewesen herauszubilden. Diese haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. In der Neuzeit verlor der Schöpfungsgedanke in der Öffentlichkeit dann mehr und mehr an Bedeutung.

Auffallend ist, dass nahezu jeder Versuch, die Herkunft des Lebens ohne Schöpfungshandeln zu erklären, zu einer Form von Abstammungs- und Entwicklungslehre führt. Es entspricht eben oft unserer Erfahrung und Beobachtung, dass komplizierte Dinge nicht plötzlich erscheinen, sondern sich entwickeln. An die Stelle eines Schöpfungsglaubens traten daher zunehmend Entwicklungsvorstellungen. Charles Darwin (1809–1882) deutete seine Beobachtungen dann in diesem Rahmen, während es sich vorher eher um theoretische Spekulationen gehandelt hatte.

Die Idee der Abstammung der Lebewesen von anderen Ahnenformen bezeichnet man heute als Evolution. Der Gedanke reicht aber bis in die Frühgeschichte des Menschen zurück. Aus der Antike sind z.B. Vorstellungen von Empedokles von Agrigent (492–430 v. Chr.) überliefert, der glaubte, dass Tiere wesentlich später entstanden seien als Pflanzen. Bei ihm sind auch Gedanken über das „Überleben des Tüchtigsten“ zu finden. Ebenso gab es schon bei den Babyloniern Entwicklungsmythen.

Die frühen Entwicklungsvorstellungen waren noch stark mit dem Handeln von Gottheiten verknüpft. Erst die Griechen begannen systematisch nach einem oder mehreren „Urprinzipien“ zu suchen, mit deren Hilfe sie die Entwicklung von Kosmos und Leben ohne die Wirkung personaler Gottheiten erklären wollten. Ihre Entwürfe waren Versuche, allein mit dem Verstand eine möglichst einfache und schlüssige Erklärung für den Grund, das Wesen und den Ursprung aller Dinge zu finden. Auch wenn manche dieser Vorstellungen heute befremdlich erscheinen, finden wir bereits damals viele Ideen, die später in der Evolutionslehre wieder aufgegriffen wurden.

Die christliche Theologie setzte sich schon früh mit der griechischen Philosophie auseinander. Einige Kirchenväter übernahmen Teile von deren Naturphilosophie und bauten sie in ihre Auslegung der Bibel ein. So wurde das einfache Verständnis des Schöpfungsberichts in der Christenheit in Frage gestellt.

In der Renaissance kamen dann erneut Entwicklungsvorstellungen auf, die zunächst hauptsächlich von Philosophen und nicht von Naturwissenschaftlern vertreten wurden. Den Boden für die moderne Evolutionstheorie bereiteten dann die Philosophen der Aufklärung.[1] Deren Auffassung, dass Gottes Offenbarung für naturwissenschaftliche Fragen keine Bedeutung mehr habe, bestimmt noch heute das Denken der meisten Wissenschaftler. Der Aufklärungsphilosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) glaubte, dass alle Tierklassen durch Übergangsformen miteinander verbunden seien. Immanuel Kant (1724–1804) meinte, dass sich die höheren Organismen aus einfacheren Formen entwickelt haben könnten (wobei er den Gedanken zielgerichteter Entwicklungsreihen aus der Renaissance aufgriff). Er selbst bezeichnete diese Vorstellung aber als „gewagtes Abenteuer der Vernunft“, dem keine Beispiele aus der Erfahrung zugrunde lägen. Der Niederländer Jan Swammerdam (1637–1680) hielt es für möglich, dass alle Arten von einem einzigen erschaffenen Tier abstammen könnten. Andere vertraten das Prinzip der natürlichen Auslese, vom „Überleben der Fähigsten“, stellten eine Mutationstheorie auf, postulierten eine von Umwelteinflüssen gelenkte Entwicklung des Lebens oder eine Entwicklung vom Einfachen zum Komplexen. Es wurden also etliche Vorleistungen für die spätere Formulierung der (biologischen) Evolutionstheorie geliefert.

Von Evolution im heutigen Sinne spricht man erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Evolutionsvorstellung als wissenschaftliche Theorie ist vor allem mit dem Namen Charles Darwin (1809–1882) verbunden. Unabhängig von ihm entwickelte Alfred Russel Wallace (1823–1913) damals eine Selektionstheorie, die der Darwins sehr ähnelte. Darwins Buch Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl (1859) passte in das geistige Klima der Zeit. Schon vor dessen Veröffentlichung hatte der einflussreiche Philosoph Herbert Spencer (1820–1903) evolutionäres Denken auf gesellschaftliche Verhältnisse angewandt. Später übertrug er den Selektionsgedanken auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und lehnte daher Armen- und Altenfürsorge, Gesundheitspflege usw. ab. Darwin wurde auch von einem Werk beeinflusst, das die These vertrat, die heute wirksamen Kräfte und ablaufenden Erscheinungen bildeten den alleinigen Schlüssel zum Verständnis der Vergangenheit.

Wichtig für den Durchbruch der Theorie Darwins war, dass sie dem von der Aufklärung herkommenden Drang entgegenkam, alle Dinge auf natürliche Weise erklären zu wollen. Neu war bei Darwin, dass er seine Theorie mit vielen Beispielen zu stützen versuchte.

Heute steht der Begriff Evolution vorwiegend für die Auffassung, dass die Herkunft aller Dinge naturalistisch erklärbar sei. So ist die Rede von einer kosmischen, chemischen, biologischen und kulturellen Evolution. Auch in Sprachgeschichte, Ethnographie, Musikgeschichte, Rechtsgeschichte, Erkenntnistheorie, Wissenschaftsgeschichte usw. spielt die Evolution eine Rolle, ebenso in folgenden Bereichen:

Psychologie: Nach Darwin kann „jedes geistige Vermögen und jede Fähigkeit nur allmählich und stufenweise erlangt werden. Licht wird auch fallen auf den Menschen und seine Geschichte.“

Philosophie: Unterschiedliche Weltanschauungen greifen die Evolutionstheorie auf und verwenden sie zu ihrer Stützung. Dies trifft besonders auf materialistische, aber auch auf pantheistische Weltanschauungen zu. So wird die Vorstellung von der Evolution alles Lebendigen selbst zu einer Weltanschauung und wird Kern und Grundgedanke eines Systems.

Theologie: Viele Bereiche, auch solche, wo das Handeln des Schöpfers zentral ist, werden dabei hinfällig.

Ethik: Mensch und Tier rücken näher aneinander heran. Dies erleichtert z.B. das Töten von Menschen und erschwert das Töten von Tieren (in der Praxis aber eher Ersteres).

Geschichtsschreibung (einschließlich fiktionaler Darstellungen in Romanen): Die evolutionistischen Anhänger und Kontexte werden oft überhöht positiv und ihre Gegner negativ dargestellt – bis hin zur Existenzvernichtung durch Kampagnen.

Insgesamt können wir festhalten, dass die Gesellschaft heute vielfältig von evolutionistischen Ideen über die ferne Vergangenheit durchdrungen ist und deshalb mit einer evolutionistischen Schau auf die Zukunft blickt. Die Veränderung in den Geistes- und Sozialwissenschaften war auch deshalb so einschneidend, weil durch den Evolutionismus das Menschenbild völlig verändert wurde. Wenn nahezu die gesamte Wirklichkeit nichts anderes als Evolution ist, wenn wir für diese Evolution fortan selbst verantwortlich sind und wenn seit eineinhalb Jahrhunderten viele Zusammenhänge konsequent und gründlich von evolutionistischen Ideen beeinflusst worden sind, dann können wir verstehen, dass viele Facetten unserer Kultur und auch Zukunftsvisionen davon geprägt werden. Das Jahr 1859, in dem Darwins „Entstehung der Arten“ erschien (s.o.), war somit ein entscheidender Wendepunkt in Bezug auf das westliche Denken. Viele Bereiche der modernen Wissenschaft und des modernen Lebens wurden durch den Evolutionismus beeinflusst.

Das Zeugnis der Bibel macht klar, dass Gott den Menschen schuf, dass dieser in Sünde fiel, was auch die Schöpfung in Mitleidenschaft zog, dass es einmal ein Gericht geben wird, dass der erlösungsbedürftige Mensch Heil durch Jesus Christus finden kann und dass es nach dem Leben weitergeht, im Himmel oder in der Hölle. Viele biblische Belehrungen helfen uns, gesellschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, von denen etliche dem Evolutionskonzept widersprechen, das sich mittlerweile als kaum zu hinterfragender Neuzeitgötze etabliert hat. Um in diesen Bereichen besser durchzublicken, sollten wir Ideen, Philosophien und Weltanschauungen immer wieder anhand der Bibel überprüfen und dabei auch einschlägige Literatur hinzuziehen.

Literatur

Reinhard Junker / Siegfried Scherer: Evolution. Ein kritisches Lehrbuch. Gießen (Weyel) 2006.

Willem J. Ouweneel: Evolution in der Zeitenwende. Biologie und Evolutionslehre – Die Folgen des Evolutionismus. Hückeswagen (CSV) o. J.

Franz Stuhlhofer: Charles Darwin – Weltreise zum Agnostizismus. Berneck (Schwengeler) 1988.

Alexander vom Stein: Creatio. Biblische Schöpfungslehre. Lychen (Daniel) 2016.

www.wort-und-wissen.org

[1] Vgl. „Kritisches zur Aufklärung“, www.denkendglauben.de

 

Jochen Klein

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