denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Moral in der Spaßgesellschaft

Hauptsache, es macht Spaß! Ob in Washington oder Wallenfels, Hamburg oder Hülshof: Man kann „heu­te auf der Straße Dinge sagen und tun, die in den sechziger Jahren undenkbar gewesen wären“, meint ein Beobachter der Jugendszene. „Das Wort Pflicht versteht kaum einer mehr. Bei den jungen Leuten zwischen 14 und 29, die wir repräsentativ befragt haben, zählt nur noch der Spaßfaktor – in allen Be­reichen“, behauptet der Soziologe Horst W. Opa­schowski. Verschiedene Entwicklungen führten da­zu, so der Kulturkritiker Johan Huizinga, daß „ganze Bereiche der öffentlichen Meinungsbildung ... durch das Temperament heranwachsender Knaben und die Weisheit von Jugendklubs beherrscht“ werden.

Daß das alles kein Spaß mehr ist, darüber sind sich Kulturkritiker, Psychologen und Berufspolitiker einig: „In Deutschland, so die Klage, gehen generell Sitte und Anstand, Diskretion, Familie, Hilfsbereitschaft, Treue, Selbstzucht, Re­spekt, Gottesfurcht – kurzum: alle Tugenden und dazu der Glaube – den Bach hinunter“, schreibt ein Journalist.

1. Spaß und Moral historisch

Die Entwicklung hin zu diesen Zuständen begann – gesamtgesellschaftlich gesehen – mit der französi­schen Revolution. Was sich in der westlichen Ge­sellschaft des 20. Jahrhunderts immer mehr durch­setzte, verschärfte sich in der Nachkriegsgeneration und kam schließlich bei der Studentenrevolte 1968 zum Ausbruch: Die bisherigen Wertvorstellungen wurden radikal umgekrempelt. Der Kampf galt vor allem dem „Establishment“ und somit allen Autori­täten. Brechung des Leistungs- und Proklamation des Lustprinzips waren angesagt.

Mit dem Dahinschwinden fester Strukturen gingen die moralischen Standards zu Bruch. Auch die Ernsthaftigkeit kam abhanden. Diese Entwicklung – „Infantilisierung“ genannt – führte z.B. dazu, daß oft heute kaum ein Wert mehr für unantastbar gehalten und alles der Lächerlichkeit preisgegeben wird.

In dieser „kindlichen Gesellschaft“ gilt – so faßt ein Journalist die Situation zusammen –: „Jungsein ist ein Wert an sich. Erwachsenwerden ist schlecht. Die Zukunft ist unsicher, die Aussichten düster, laßt uns also jetzt Spaß haben. Das Fun-Prinzip duldet kei­nen Aufschub, keine Mühsal, die sich – vielleicht – in der Zukunft auszahlt.“

2. Ein Beispiel, das Geschichte machte

Am 14. April 1912 glit die Titanic in der Nähe Neu­fundlands über das Wasser. Die Schiffsführung  glaubte, das Schiff sei unsinkbar, und hatte deshalb viel zu wenig Rettungsboote an Bord genommen; man ignorierte die Eiswar­nungen, rammte einen Eis­berg und sank. 1503 Men­schen starben.

Daß Städte untergehen, kommt seltener vor als bei Schiffen, aber es kommt vor. Und es hat seinen Grund: „Weil das Geschrei von Sodom und Gomorra groß und weil ihre Sünde sehr schwer ist, so will ich doch hinabgehen und sehen, ob sie ganz nach ihrem Geschrei, das vor mich ge­kommen ist, getan haben; und wenn nicht, so will ich=s wissen“, sagte Gott zu Abraham (1. Mo 18,20.21).

Was war geschehen? Sitte und Anstand waren in Sodom und Gomorra längst abhanden gekommen, als Lot freiwillig in diese schöne, fruchtbare Gegend zog. Die Menschen dort „waren böse und große Sünder vor dem HERRN“ (1. Mo 13,13). Hurerei, Ausschweifung und Begierde waren angesagt (vgl. 1. Mo 19,4-11). Hesekiel schreibt: „Hoffart, Fülle von Brot und sorglose Ruhe hatte sie [Sodom] mit ihren Töchtern, aber die Hand des Elenden und des Armen stärkte sie nicht; und sie waren hochmütig und verübten Greuel“ (Hes 16,49.50).

Und die Ernsthaftigkeit? Lot – von zwei Engeln da­zu aufgefordert – bat seine Schwiegersöhne, aus Sodom hinauszugehen, da Gott die Stadt zerstören wolle. Sie nahmen ihn nicht ernst: Er war in ihren Augen „wie einer, der Scherz treibt“ (1. Mo 19,14). Auch seine Frau schien sich an ernstgemeinten Aus­sagen wenig zu stören. Die beiden Engel hatten zu Lot gesagt: „Rette dich um deines Lebens willen; sieh nicht hinter dich und bleibe nicht stehen in der ganzen Ebene“ (V. 17). Sie drehte sich aber hinter ihm um und wurde zu einer Salzsäule.

Und so sah der Untergang aus: „Der HERR ließ auf Sodom und auf Gomorra Schwefel und Feuer regnen ...; und er kehrte diese Städte um und die ganze Ebe­ne und alle Bewohner der Städte und das Gewächs des Erdbodens“ (1. Mo 19,24.25).

Gott beabsichtigte mit diesem Gericht nicht allein die Städte zu strafen, sondern er wollte den Unter­gang von Sodom und Gomorra „denen, die gottlos leben würden, als Beispiel“ hinstellen (2. Pet 2,6; vgl. Jud 7). Noch heute ist dieses Beispiel gut be­kannt; die beiden Städtenamen werden noch immer  als „Bezeichnung für den Zustand der Lasterhaftig­keit und Verworfenheit, für Ausschweifung und Sit­tenlosigkeit, gelegentlich auch für großes Durchein­ander, große Unordnung und Verwüstung“ verwen­det (Duden. Zitate und Aussprüche, 1993).

3. Was ist zu tun?

Ein Schiff ging unter wegen des Hochmuts der Be­satzung. Städte gingen unter wegen der Sünde der Bevölkerung. Was kann man heute tun, wenn „alle Tugenden und dazu der Glaube den Bach hinunter­gehen“?

Zunächst sollten wir das beachten, wozu Petrus die Gläubigen auffordert: „Da nun Christus für uns im Fleisch gelitten hat, so wappnet auch ihr euch mit demselben Sinn ..., um die im Fleisch noch übrige Zeit nicht mehr den Begierden der Menschen, son­dern dem Willen Gottes zu leben“ (1. Pet 4,1.2).

Konkret bedeutet dies hinsichtlich der Moral, der Ernsthaftigkeit und des Erwachsenseins:

Moral: „Dies ist Gottes Wille: eure Heiligkeit, daß ihr euch der Hurerei enthaltet, daß ein jeder von euch sein eigenes Gefäß[1] in Heiligkeit und Ehrbarkeit zu besitzen wisse, nicht in Leidenschaft der Lust, wie auch die Nationen, die Gott nicht kennen“ (1. Thess 4,3-5; vgl. 1. Pet 1,13-16).

Ernsthaftigkeit: Paulus warnt die Epheser vor Schändlichkeit, albernem Geschwätz und Witzelei, „die sich nicht geziemen“ (Eph 5,4).

Erwachsensein: „Werdet nicht Kinder am Verstand, sondern an der Bosheit seid Unmündige, am Ver­stand aber werdet Erwachsene“ (1. Kor 14,20). Dazu gehören: Besonnenheit, „in der Lehre Unverfälscht­heit, würdiger Ernst, gesunde, nicht zu verurteilende Rede, damit der von der Gegenpartei beschämt wird, indem er nichts Schlechtes über uns zu sagen hat“ (Tit 2,6-8). Also: vorbildlicher Wandel.

Richtet man sich danach, dann ist Änderung auch heute noch denkbar!

Jochen Klein

[1] vgl. Fußnote der Revidierten Elberfelder Übersetzung: „Das griech. Wort wurde im übertragenen Sinn für den menschlichen Leib oder auch für die Frau gebraucht".

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