„Fern sei es von mir, gegen den Herrn zu sündigen und aufzuhören, für euch zu bitten; sondern ich werde euch den guten und richtigen Weg lehren.“ (1Sam 12,23).
Samuel gehört zu den bedeutendsten Männern im Alten Testament. Durch ihn wurde das Königtum eingeführt. Er war als Richter lange Zeit sozusagen für die Regierungsgeschäfte zuständig. Und er wird als Mann des Gebets in eine Reihe mit Mose gestellt: „Mose und Aaron unter seinen Priestern, und Samuel unter denen, die seinen Namen anrufen, sie riefen zu dem Herrn, und er antwortete ihnen“ (Ps 99,6). Seine Bedeutung wird auch in Jeremia 15,1 deutlich. Dort sagt der Herr: „Wenn auch Mose und Samuel vor mir ständen, so würde meine Seele sich nicht zu diesem Volk wenden.“
Ideal war die Situation damals um 1100 v. Chr. nicht gerade: Die Söhne des Priesters Eli waren gottlose Männer, die nur auf ihren persönlichen Vorteil bedacht waren. Ihr Vater schritt aber nicht gegen ihre bösen Taten ein, sodass Gott ihm vorwerfen musste, seine Söhne würden Ihn verachten, Eli hindere sie nicht daran und ehrte sie mehr als Gott (1Sam 2,29; 3,13).
In diese Umstände hinein wurde der junge Samuel zu Eli in den Tempel gebracht. Unsere Prognose wäre sicher gewesen, dass daraus (in diesem Umfeld) nichts Vernünftiges werden kann. Aber das Gegenteil trat ein. Wie kam es dazu?
Als Erstes wird von Samuel berichtet, dass er als junger Mann vor dem Herrn diente (2,18). Danach heißt es, dass er bei dem Herrn aufwuchs (V. 21). Und was war die Folge davon? Seine Gunst bei dem Herrn und den Menschen nahm beständig zu. Als er dann „dem Herrn vor Eli“ diente (3,1), redete Gott zum ersten Mal zu ihm. Samuel kannte noch nicht Gottes Stimme und dachte zunächst, Eli habe ihn gerufen. Mit Hilfe Elis wurde ihm dann aber klar, dass dies Gottes Rufen war. Sicherlich hatte er große Erwartungen, als er schließlich auf das Rufen antwortete: „Rede, Herr, denn dein Knecht hört.“ Was ihm nun mitgeteilt wurde, war allerdings nicht gerade aufbauend: Es war eine Gerichtsankündigung über Eli und seine Familie.
Als Samuel größer wurde, wird von ihm berichtet, dass der Herr seinen Worten Autorität verlieh und das, was er prophezeite, eintrat. So erkannte ganz Israel, dass er als Prophet des Herrn bestätigt war, und sein Wort erreichte das ganze Volk.
Dann kam das Gericht über Eli und seine Familie. Seine Söhne wurden im Kampf mit den Philistern getötet, diese nahmen die Bundeslade (das heiligste Gerät der Stiftshütte und Sinnbild des Thrones des Herrn) mit, und Eli starb. Durch sein Versagen war auch das Priestertum mitbetroffen, das die Mittlerstellung zwischen Gott und Menschen einnehmen sollte.
Nachdem die Lade später wieder nach Israel zurückgekehrt war, vergingen zwanzig Jahre. Plötzlich wird unvermittelt von etwas berichtet, wovon es vorher keine Anzeichen gab, nämlich von einer Erweckung: Israel suchte den Herrn, und Samuel sagte zum Volk: „Wenn ihr mit eurem ganzen Herzen zu dem Herrn umkehrt, so tut die fremden Götter und die Astarot aus eurer Mitte weg und dient dem Herrn allein“ (7,3). Das Volk handelte dementsprechend und bekannte seine Sünden. Das war in Mizpa. Aber sofort waren die Feinde, die Philister, zugegen. Samuel opferte und schrie zu dem Herrn; dieser half Israel, sie zu schlagen. Darauf stellte Samuel einen Stein auf, den er „Stein der Hilfe“ nannte, und sagte: „Bis hierher hat uns der Herr geholfen.“ So kamen die Philister nicht mehr ins Gebiet Israels und die Hand des Herrn war alle Tage Samuels gegen sie.
Als Samuel alt geworden war, setzte er seine Söhne als Richter über Israel ein. Doch diese lebten nicht wie ihr Vater, sondern sie suchten ihren eigenen Vorteil bzw. persönlichen Gewinn, ließen sich bestechen und beugten das Recht. Darin liegt eine große Tragik, auch weil das Volk daraufhin einen König verlangte, was Samuel verständlicherweise missfiel. Der Herr aber sagte zu ihm: „Höre auf die Stimme des Volkes in allem, was sie dir sagen; denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen, dass ich nicht mehr König über sie sein soll“ (8,7). Samuel sollte dann das Volk ernstlich über die Art und Weise, in der ein König über ein Volk herrscht, belehren und es warnen. Das Volk weigerte sich jedoch, auf ihn zu hören, so dass Gott ihn aufforderte, einen König einzusetzen. Der erste König Israels wurde Saul. Später salbte Samuel dann auch noch dessen Nachfolger David, der nicht auf Verlangen des Volkes eingesetzt, sondern von Gott zum König erwählt worden war.
In seiner Abschiedsrede an das Volk am Ende seines Dienstes war es Samuel schließlich wichtig, dass kein unbereinigtes Unrecht seinerseits vorhanden war. So fragte er, ob er jemals irgendjemand etwas zu Unrecht genommen, jemand übervorteilt, Gewalt angetan oder Bestechung angenommen habe. Wenn Letzteres so wäre, wollte er es zurückgeben. Darauf bestätigte das Volk vor dem Herrn als Zeugen Samuel absolute Unbestechlichkeit und dass ihm nichts Negatives vorzuwerfen sei. Samuel machte dem Volk noch einmal deutlich, dass es Sünde gewesen war, einen König zu fordern. Das Volk bekannte diese Sünde. Weiterhin forderte er es auf, auf den Wegen des Herrn zu gehen und vom Bösen zu lassen. Er endete mit den Worten: „Auch ich – fern sei es von mir, gegen den Herrn zu sündigen und aufzuhören, für euch zu bitten; sondern ich werde euch den guten und richtigen Weg lehren. Nur fürchtet den Herrn und dient ihm in Wahrheit mit eurem ganzen Herzen; denn seht, welch große Dinge er an euch getan hat! Wenn ihr aber dennoch Böses tut, so werdet sowohl ihr als auch euer König weggerafft werden“ (12,23–25). Das Letzte, was über ihn berichtet wird, ist schließlich Folgendes: „Und Samuel starb; und ganz Israel versammelte sich und klagte um ihn und begrub ihn in seinem Haus in Rama“ (25,1).
Die obigen Begebenheiten aus Samuels Leben liefern auch für unser Glaubensleben einige Aspekte zum Nachdenken:
– Was ist unser Motiv in unserem Dienst? Persönlicher Vorteil oder die Ehre Gottes?
– Lassen wir andere gewähren, wenn wir sehen, dass sie sündigen?
– Resignieren wir manchmal, wenn wir ein negatives Umfeld um uns haben? Samuel diente Gott und blieb in seiner Nähe. So segnete Gott ihn, und Samuel wurde zu einer geistlichen und moralischen Autorität.
– Hat Gott vielleicht schon öfter zu uns geredet, ohne dass wir dies realisiert haben?
– Wie reagieren wir, wenn Gott uns etwas sagt oder aufträgt, was wir nicht erwartet hätten?
– Kann uns Gott dazu benutzen, dass wir auch an einer Erweckung teilhaben? Rechnen wir auch heute noch damit, dass er plötzlich eine Erweckung schenken kann? (Bei Ungläubigen, aber auch bei Gläubigen?)
– Sind wir bereit, Sünde aus unserem Leben zu entfernen und sie vor Gott und Menschen zu bekennen?
– Samuel brachte Gott wiederholt Opfer. „Opfern“ auch wir Gott öfter Dank? („Wer Lob [Dank] opfert, verherrlicht mich“ [Ps 50,23]).
– Ist unser Leben auch von Gebet (für andere) gekennzeichnet? Es ist interessant festzustellen, dass der Herr die Gefangenschaft Hiobs wendete, als er für seine Freunde betete (Hiob 42,10).
– Erinnern wir uns auch (öfter?) daran, dass Gott uns bis hierhin geholfen hat und was Er in der Vergangenheit Großes getan hat (vgl. 1. Sam 12,6–12)? Oder ist unser Leben von Angst vor der Zukunft geprägt?
– Samuel setzte seine Söhne zu Diensten ein, für die sie nicht geeignet waren. Dies hatte negative Folgen für viele. Versuchen auch wir, uns Nahestehende (Familienmitglieder) zu Diensten zu ermutigen, für die sie nicht geeignet sind?
– Beugen auch wir manchmal das Recht?
– Könnte uns vom Volk auch so ein gutes Zeugnis ausgestellt werden wie Samuel?
– Samuels Dienst war durch absoluten Gehorsam Gott gegenüber gekennzeichnet, auch wenn es für ihn hin und wieder nicht ganz leicht war, Gottes Aufträge zu verstehen und auszuführen. – Wie ist es um unseren Gehorsam bestellt?
Samuel war berufen, um Gott zu dienen. Welche Einstellung haben wir in Bezug auf unseren Dienst für Gott?
Jochen Klein
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