denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Das Framing der Linken.

Von „Umverteilung“, „Diversität“ und „Nazis“

Christen, die die Maßstäbe der Bibel ernst nehmen, sind nach der Sprache der meisten Journalisten und Medien „rechts“ – egal, was sie politisch sonst denken. Die in der Bibel aufgezeigten Grundsätze in Bezug auf Ehe/Familie/Geschlecht, die Absolutheit des biblischen Erlösungsweges und damit verbunden auch die Identität des Menschen oder auch die klare Sanktionierung des Abweichens usw. lassen für manche kein anderes Urteil zu. Schnell werden sogar die Begriffe „faschistisch“ oder „Nazi“ benutzt, z.B. wenn es in zentralen linken (theoretischen) Schriften heißt, die traditionelle Familie sei ein Hort oder die Keimzelle des Faschismus. Diese Sprachmuster werden heutzutage auch vom Neomarxismus gefördert, in dem sich der Marxismus als Kulturrevolution durchgesetzt hat (obwohl dessen Programm für eine sozialistische Gesellschaft schon vielfältig gescheitert ist).[1]

Über die Sprache von Diktaturen, besonders die des Nationalsozialismus, oder auch über die Sprache Donalds Trumps gibt es viele Untersuchungen. Im Vergleich dazu wird die Manipulation durch Sprache von linker Seite im westeuropäischen Raum wenig öffentlich reflektiert. Wer sich intensiver mit dem Thema Sprache beschäftigt, stellt aber fest, dass sich Teile der öffentlichen Sprache unter dem Einfluss der Linken deutlich verändert haben. Dass uns dies oft nicht mehr besonders auffällt, liegt u.a. hieran: „Die wesentliche Errungenschaft moderner Linker besteht darin, dass sie es geschafft haben, ihre Ideologie zu einer Selbstverständlichkeit zu machen, die nicht mehr als Ideologie erkannt wird“ (Ralf Bergmann: Die freie Gesellschaft und ihre Feinde, S. 95). Diese Ideologie wird in erster Linie durch Sprache transportiert, und so geht es zentral um das Thema Sprache und Denken und deren gegenseitige Beeinflussung – oder um den größeren Rahmen (= Framing), in dem sich dies abspielt.

Zur Bewusstmachung dieser Mechanismen (besonders im öffentlichen Diskurs) hat der habilitierte Sprachwissenschaftler Holger Schmitt eine recht ausführliche Studie vorgelegt. Er schreibt in der Einleitung: „Dieses Buch richtet sich in erster Linie nicht an Fachleute …, sondern an Menschen, die politisch und/oder zeitgeschichtlich interessiert sind und die den vorherrschenden politisch-medialen Diskurs besser verstehen wollen.“ Hier erläutert er auch seine Methode der Korpuslinguistik, deren Vorteil u.a. darin bestehe, „auf der einen Seite einen empirischen Nachweis für Phänomene, die man sonst bestenfalls intuitiv erfasst hätte“, zu liefern; auf der anderen Seite führe sie auch zu „Erkenntnissen, auf die man nicht von selbst gekommen wäre und die erst im Nachhinein erklärbar werden“. Die Daten seien aber selbstverständlich interpretationsfähig und -bedürftig, gebe es doch eine größere Anzahl von Faktoren, die man bei der Interpretation bedenken müsse.

Die einzelnen Begriffe und Sachverhalte werden in alphabetischer Reihenfolge behandelt und zum Teil ausführlich erläutert. Zum Schluss fasst der Autor die Ergebnisse auf wenigen Seiten zusammen. Der Stil ist gut verständlich, manchmal auch wissenschaftlich-präzise. Durch erklärende Formulierungen, Beispiele und wiederholte Kontextuierung sind die Sachverhalte aber gut zu erfassen.

In seiner Zusammenfassung am Ende des Buches liefert der Autor hilfreiche Kategorien zum Verstehen linker Manipulationsmuster, die sich aber nicht immer scharf voneinander abgrenzen lassen:

  1. Moralisiere das eigene Anliegen: Linke Moral basiert häufig auf der Gesinnungsethik, die im Gegensatz zur Verantwortungsethik nicht die Folgen bedenken muss. Linke sehen sich daher oft als die Anständigen, die Werte wie Akzeptanz, Toleranz und Gerechtigkeit hochhalten und Haltung zeigen. Auch Sprachregelungen wie die Gendersprache oder die politische Korrektheit allgemein sind für sie oft eine Frage dessen, was sie für Moral halten. Jeder, der das anders sieht, sollte sich somit am besten schämen. So wird aus einer Ideologie eine Art neue Religion mit eigener Moral, eigenen Riten und auch mit Dazugehörigen und Ausgegrenzten.
  2. Schüchtere den Gegner ein.
  3. Definiere die Opfergruppe: Es gibt sehr viele Minderheiten und Opfer unter den Menschen. Der mediale und politische Fokus liegt jedoch besonders auf drei Gruppen: sexuellen Minderheiten bzw. Frauen (Homophobie, Sexismus); rassisch Diskriminierte bzw. Migranten (Rassismus) und Muslime (Islamophobie). So werden bei Begriffen wie „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, „Diversität“ oder „Toleranz“ von vornherein nur solche Opfergruppen bedacht, die in das linke Opferschema passen.
  4. Verschleiere das, was nicht ins eigene Weltbild passt.
  5. Projiziere die eigenen Schattenseiten auf den Gegner.

Die Verwendung (bzw. Umdeutung) bestimmter Wörter stelle nur die Spitze des Eisbergs dar, unter der sich noch sehr viel mehr an diskursiv-manipulativen Möglichkeiten verberge, meint Schmitt. Insofern könne lexikalisches Framing als exemplarisch für das „Rahmen-Setzen“ gesehen werden, sei aber nicht der einzige Weg, um Bewusstsein zu formen. Weiter seien zentral:

Themenauswahl und Perspektive: Über vieles wird nicht berichtet und manches, was nicht ins Bild passt, wird einfach weggelassen.

Zeugenselektion: In den Medien treten oft Menschen mit der Aura von Experten auf. Diese werden selbstverständlich gezielt ausgesucht, um bestimmte Narrative zu stützen. Ähnlich ist auch die Zusammensetzung der Talkshows zu verstehen, in denen oft – wenn überhaupt – nur einer für eine konservative Position steht. Dieser ist dann auch häufig nicht der Brillanteste, sondern jemand, an dem man sich gut abarbeiten kann.

Assoziation: Erzeugen eines negativen Rufs, indem man die entsprechende Person in einen (oft nur angeblichen) zweifelhaften oder negativen Kontext stellt.

Tabuisierung nicht genehmer Begriffe, z.B. „Clankriminalität“.

Machen wir uns nun einige zentrale Begriffe und Sachverhalte beispielhaft bewusst.

Aktivist und Aufmarsch: Nach dem Motto „Wir sind die Guten“ sind Aktivisten fast immer nur Linke. Selbst wenn sie Straf- oder Gewalttaten begehen, heißen sie immer noch „Aktivisten“. Von „rechten“ Aktivisten ist nie die Rede, z.B. bei einer Demonstration gegen Abtreibung. Mit „Aufmarsch“ sollen die Aufmärsche der Nationalsozialisten im Dritten Reich assoziiert werden. Deshalb ist es nahezu undenkbar, dass die Presse einmal von einem „Aufmarsch“ der „Letzten Generation“ oder einer Linksgewerkschaft berichtet. Das eigentliche Problem besteht darin, dass Journalisten linke Straftäter als Aktivisten adeln.

Antifa: Die Berufung der Antifa auf Antifaschismus ist eine lexikalische Maskerade, auch weil diese selbst faschistische Züge trägt, gewalttätig ist usw.

Bunt, divers: Bei beiden Begriffen geht es tatsächlich nur um die Förderung einer einseitigen Vielfalt unter gleichzeitiger Ausgrenzung dessen, was nicht dieser „Vielfalt“ entspricht. Das vorgebliche Streben nach Diversität ist ein Kunstgriff. Es eröffnet der Linken Räume im Bereich Multikulturalismus und Identitätspolitik, verweigert sie aber jenen, die andere Standpunkte vertreten.

Demokratisch: ist angeblich der linke Mainstream, andere aber oft nicht.

Klimaleugner: unsinniger Begriff, da niemand das Klima leugnet. Die geradezu religiöse Behauptung, der Mensch könne das Klima entscheidend beeinflussen, wird verteidigt und Gegner werden als Leugner bezeichnet (ähnlich „Corona-Leugner“).

-phob (Homo-, Islamo- usw.): eigentlich „eine Angststörung habend“. Menschen, die den Islam oder praktizierte Homosexualität kritisch reflektieren, werden so bezeichnet, auch um sie als Kommunikationspartner zu diskreditieren – nach dem Motto: „Phobiker“ ist, wen ich so nenne. Obwohl das Christentum die am meisten verfolgte Religion ist, wird diese Endung für Christentumskritiker nicht benutzt, da die Linke eben islamfreundlich und christentumsfeindlich ist.

Rassismus: wird immer mehr seines eigentlichen Inhalts beraubt und für linke Ideen instrumentalisiert, ähnlich wie Diskriminierung.

Rechts oder rückwärtsgewandt sind angeblich z.B. Christen, die die Schöpfungsordnung Gottes in Bezug auf Ehe und Familie usw. vertreten.

Toleranz/Intoleranz, Hass, Hetze: wird ebenfalls zunehmend der eigentlichen Bedeutung beraubt. Intolerant ist, wer linke Positionen hinterfragt oder ablehnt. Dabei streut er unter anderem oft angeblich Hass und Hetze. Die Toleranzmaxime scheint aber für Linke gegenüber anderen Positionen kaum zu gelten.

Umstritten: sind konservative Positionen und Personen. Linke Positionen und Projekte werden kaum so bezeichnet.

Wende: Mit diesem Begriff wird das Revolutionäre des Endes des Sozialismus in der DDR und das Zusammenbrechen dieses Systems verschleiert, da dies eine Niederlage für die Linken war.

Zu ergänzen wäre noch „progressiv“. Mit diesem Begriff identifiziert sich gerne die widerbiblische, antichristliche Zeitgeistbewegung, auch um andere Positionen als rückständig erklären zu können.

In der Zusammenfassung mag deutlich geworden sein, dass Sprache, Denken und Wirklichkeit zusammenhängen. Um die Hintergründe verstehen zu können, ist ein gewisses Wissen in Bezug auf die politisch-gesellschaftlichen Positionen der Linken nötig. Alle drei Aspekte werden in diesem Buch gut berücksichtigt, wobei man sich der einen oder anderen Gewichtung des Autors nicht unbedingt anschließen muss. Allein schon die Ausführungen über Gendersprache sind lesenswert. Alles in allem handelt es sich um ein hilfreiches, nüchtern geschriebenes Buch, dessen Lektüre sich lohnt.

Jochen Klein

[1] Vgl. „Kritisches zum Neomarxismus“; „Kritisches zur 1968er-Bewegung“ und Buchrezensionen dazu auf www.denkendglauben.de

Holger Schmitt: Das Framing der Linken. Von „Umverteilung“, „Diversität“ und „Nazis“. Bad Schussenried (Gerhard Hess) ²2022, Paperback, 266 Seiten, ISBN 978-3-87336-754-8 ,18,90 Euro.
PDF herunterladen