Was bedeutet eigentlich Seelsorge? Das Universalwörterbuch von Duden behauptet: „geistliche Beratung, Hilfe in wichtigen Lebensfragen (besonders in innerer Not)“. Dass das gerade heutzutage ein wichtiges Gebiet ist, zeigen u.a. Berichte von Leuten, die häufiger Seelsorge leisten. Aber das macht auch die Tatsache deutlich, dass die Terminkalender der meisten, die Menschen in Lebensproblemen berufsmäßig beraten, hoffnungslos überfüllt sind.
Da wir alle öfter mit menschlicher Not konfrontiert werden, besteht die Frage, wie man dieser prinzipiell begegnen kann, ohne sich unzulässiger Vereinfachung schuldig zu machen. Die Autoren sind der Meinung, dass „viele von uns versuchen, mit natürlichen Mitteln zu erreichen, was nur mit übernatürlichen Mitteln erreicht werden kann“. Aber, so fahren sie im Vorwort fort, „wir haben dieses Buch nicht als ein weiteres ‚du solltest‘ geschrieben“, sondern für in der Seelsorge Tätige, „die verzweifelt nach einem besseren Weg suchen. Es ist kein ‚Seelsorge leichtgemacht‘-Ratgeber und will keine Schuldgefühle wecken: Es ist eine Einladung zu Gott hin“ (S. 9).
Das Buch hat insgesamt 10 Kapitel. Jedes stellt einen Bericht der Bibel vor, um dadurch Themen, die für die Seelsorge bedeutend sind, zu vermitteln: z.B. das Wesen des Gebets, Seelsorge, Leiden, Warten, Burn-out, die Notwendigkeit unterstützender Freunde und eine Vision für Erneuerung. Die beiden Autoren haben innerhalb verschiedener Kulturen 50 Jahre lang auf dem Gebiet der Seelsorge sowie im psychologischen Bereich gearbeitet. Beispiele und Erfahrungen daraus sind in das Buch eingeflossen. Bei der Beschäftigung mit diesem Thema ist ihnen immer wieder aufgefallen, dass es keine komplette Abhandlung gibt, die Gebet und Seelsorge gemeinsam betrachtet. So entstand dieses Buch, auch „um Menschen aufzurufen, dass sie Zwiesprache mit Gott halten im Gebet“ (S. 17). Schließlich machen sie noch deutlich: „Wir vertrauen darauf, dass du als Leser bald spüren wirst, was wir leidenschaftlich glauben: dass wahre Heilung letztendlich aus einer Begegnung mit Gott kommt, und dass das Einladen anderer Menschen zu einer grundlegenden Veränderung in ihrem Leben – eine Veränderung ihres ganzen Seins – davon begleitet werden muss, den Herrn anzurufen“ (S. 19). Dabei legen sie aber auch Wert darauf, dass auf diesem sensiblen Gebiet Glaube anziehend gemacht werden müsse und dass es dezidiert falsch sei, eine Haltung an den Tag zu legen, die aggressiv sei oder mit Druck zu überzeugen suche.
Das Buch ist klar gegliedert, leicht verständlich, anschaulich und zum Teil auch unterhaltsam geschrieben (was bei diesem Thema nicht unbedingt selbstverständlich ist). Das Einfließen sehr persönlicher Aspekte sowie an einigen Stellen die sehr explizite Emotionalität ist man von deutschen Publikationen so eher nicht gewöhnt. Meines Erachtens bewegt sie sich aber bei diesem Buch in einem Rahmen, der für das Thema angemessen ist.
Alles in allem: ein sehr lohnendes und lesenswertes Buch, das hilft, über viele wesentliche Aspekte des Miteinanders nachzudenken. Und nicht nur für Seelsorger, sondern eigentlich für jeden. Denn wer hat es nicht manchmal mit wichtigen Lebensfragen bzw. innerer Not zu tun und wessen Anliegen dürfte es nicht sein, dass Menschen in der Gegenwart Gottes verändert werden?
Jochen Klein
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