denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Christentum und Gesellschaft. Wovon wird unser Denken beeinflusst?

Die Frage, ob Gott existiert oder nicht, würde für die Lebensplanung von Manfred Lütz von entscheidender Bedeutung sein. Diese Überzeugung hatte er nach dem Ende seiner Kindheit. Heute ist er Psychotherapeut, Arzt, Theologe, Bestsellerautor und Kenner der Philosophie und ergänzt: „Deswegen war es mir wichtig, die Sache mit aller Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit anzugehen.“ So entschloss er sich, sich intensiv kundig zu machen. Damals in den 1970er Jahren sei er bereit gewesen, sich auch von Lehrern durch gute Argumente überzeugen zu lassen. Doch auf seine Fragen erhielt er keine befriedigenden Antworten, und gerade im Religionsunterricht, auf den er besonders gesetzt hatte, erlebte er seine größte Enttäuschung. Es wurde nämlich nicht versucht, seiner fragend-kritischen Haltung durch gute Argumente fundiert zu begegnen, sondern die Religionslehrer stimmten seiner Kritik am Christentum vorbehaltlos zu. Lütz erschien es damals so, als hätten die Lehrer beschlossen, die Schüler auf ihrer ganz sicher ernst gemeinten Suche nach Wahrheit einfach ins Leere laufen zu lassen. Die Folge davon sei gewesen, dass etliche Schüler dabei jeden Glauben verloren hätten. Auf konkretere Fragen habe der Religionslehrer stets ausweichend mit „Das ist ein Geheimnis“ geantwortet. Lütz fasst zusammen: „Dass das alles irgend so ein wolkiges Geheimnis sei, an das man halt nur einfach irgendwie glauben sollte, das war entweder zu viel oder zu wenig für mich.“[1]

Dass die Frage nach Gott für einen Menschen eine große Rolle spielt, ist kein seltenes Phänomen, das nur oder besonders Jugendliche betrifft, sondern diese Frage ist für alle Menschen bedeutend. Und sie sollte jedem so wichtig sein, dass man sie – wie der junge Manfred – „mit aller Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit“ angeht.

Auf diesem Weg soll dieses Buch eine kleine Hilfe sein. Es möchte unter anderem zeigen, wie und auf welchem Weg man Gott finden kann und wie Menschen ihn im Lauf der Jahrhunderte gefunden haben. Deshalb werden einige wichtige Stationen in der Geschichte des Christentums nachgezeichnet. Zum besseren Verständnis ist es aber auch unerlässlich, auf Gegenbewegungen in der Gesellschaft einzugehen, die zu verhindern versuchten, dass die Botschaft des Christentums weiterverbreitet wurde.

Das Christentum und ihm entgegenstehende Philosophien hatten immer auch Auswirkungen auf das Denken und Handeln der Menschen und auf die Gesellschaft. Auch davon sollen einige zentrale Aspekte aufgezeigt werden – zum einen, damit man für sich persönlich die entsprechenden Lehren daraus ziehen kann, zum anderen, damit gesellschaftliche Entwicklungen, die beispielsweise dazu führten, dass die Botschaft des Christentums heute nach der Meinung vieler Menschen offensichtlich eine geringe Rolle spielt, besser verständlich und nachvollziehbar werden. Und schließlich ist es für Christen wichtig, die Entwicklungen zu verstehen, um biblische Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können (vgl. 1. Chronika 12,33). Wichtige Themen des Buches sind somit: die Auswirkungen des Christentums, die Bedeutung der Bibel, die Auswirkungen des Denkens der Aufklärung, die 1968er-Bewegung, die Postmoderne und aktuelle Entwicklungen in Bezug auf Glaube/Religion.

Über diese Themen existieren ganze Bibliotheken, sodass es fast unmöglich ist, sie in Kürze zufriedenstellend zu behandeln. Neben den vielen umfangreichen und oft sehr anspruchsvoll geschriebenen Büchern zu Teilthemen schien mir jedoch eine knappe, gerade für jüngere Leser geeignete Überblicksdarstellung zu fehlen. Das vorliegende Buch will besonders diese Zielgruppe auf möglichst leicht verständliche Weise in die Thematik einführen – in der Hoffnung, dass einige Gebiete für den Leser besonders interessant sind und er diese dann mit Hilfe weiterer Bücher vertieft. In christlichen (Internet-)Buchhandlungen findet man viel gute Literatur dazu. Deshalb habe ich mich bei den Literaturhinweisen auch darauf beschränkt, einige Titel zu nennen, die mir hilfreich erscheinen.

Wenn von „leicht verständlich“ die Rede war, so ist dies natürlich nicht immer ohne Einschränkungen möglich, da ein solches Thema eine gewisse Bereitschaft zum Mitdenken erfordert. Begriffe, die eventuell nicht bekannt, aber in dem entsprechenden Zusammenhang wichtig sind, werden in einem Glossar am Ende des Buches erklärt. Sie sind beim ersten Vorkommen im Text durch ein Sternchen (*) markiert. Zu einigen zentralen Themen habe ich für Interessierte außerdem Vertiefungen oder Ergänzungen in Form von kleinen Exkursen hinzugefügt. Im Anhang am Ende des Buches sind noch weitere thematische Ergänzungen zu finden.

Um den Text möglichst korrekt, verständlich und angemessen gestalten zu können, haben etliche das Manuskript gelesen und mir wertvolle Hinweise gegeben. Herzlichen Dank dafür!

Die zweite Auflage, die nun vorliegt, ist überarbeitet, aktualisiert, ergänzt und erweitert worden.

Tringenstein, im Mai 2020

Jochen Klein

www.jochenklein.de

[1] Manfred Lütz: Gott. Eine kleine Geschichte des Größten, München (Pattloch) 2007, S. 91.

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