denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Vergebung befreit - Flyer

Wussten Sie schon,

… dass viele medizinische Studien darauf hindeuten, dass Vergeben gesund ist?

Besonders der Wissenschaftler Robert Enright hat erforscht, dass Vergeben körperlich und seelisch gut tut. Vergebung hat viele positive Auswirkungen, so z.B. auf das Herz-Kreislauf-System, manche anderen Leiden und sogar auf das Heilen von Wunden und Entzündungen.

… dass durch Vergebung auch innere Verletzungen geheilt werden können?

Das würde bedeuten: Die Verletzung schreitet nicht weiter voran. Würde sie das, könnte dies dazu führen, dass auch andere verletzt werden oder man sich selbst weiter verletzt. Und das kann zu einer Spirale von Schuld und Verletzung führen.

… dass man sich leicht die eigene Zukunft verbauen kann, wenn man nicht bereit ist zu vergeben?

Vergebung ist also einer der Schlüssel zu einem glücklichen Leben und zu gelingenden Beziehungen. Auch mit Hilfe von Vergebung können Verletzungen heilen. Erst durch wirkliches Loslassen kann man befreit in die Zukunft schauen. Geschieht das nicht, bleibt viel emotionale Energie gebunden. Man hängt in der Situation fest und hat weniger Energie für neue, kreative Prozesse zur Verfügung. Und die damit zusammenhängenden negativen Gedanken werden aktiviert: Man muss immer wieder an die Sache denken. Im schlimmsten Falle kann dieses Denken zu einer Wiederholung des negativen Verhaltens führen.

… dass Vergeben nicht Gutheißen bedeutet?

Bei der Vergebung werden Ursachen und Irritationen, Fehler, Böses u.Ä. nicht geleugnet, sondern deren Begleiterscheinungen angegangen oder zwischenmenschliche Probleme begradigt. Falsches wird also nicht gutgeheißen.

… dass Vergebung auch heißt, Verantwortung für sich zu übernehmen?

Vergebung ist nämlich ein schmaler Pfad. Die breite Straße heißt: „Ich bin wütend und zornig und voller Selbstmitleid.“ Zu vergeben bedeutet auch, für sich selbst und seine Heilung die Verantwortung zu übernehmen – was manche Menschen leider nicht wollen oder können. Es bedeutet, dem anderen die erlittene Verletzung möglichst nicht anzurechnen. Aber Vergebung von Herzen befreit nicht von der Verantwortung, eine Angelegenheit unter Umständen weiterzuverfolgen, wenn diese eine strafrechtliche Dimension hat.

Vergeben heißt zwar loslassen, um selbst in die Freiheit zu gelangen. Es kann aber auch einmal bedeuten, Abstand vom anderen zu nehmen.

… dass auch in der Arbeitswelt die Kunst der Vergebung einen besonderen Platz einnimmt?

Wer seinen Arbeitskollegen ihre Verfehlungen vergeben kann, erhöht die Arbeitszufriedenheit und verbessert die Qualität der Kommunikation im Team.

… dass es nicht nur darauf ankommt, dass die Bitte um Vergebung von anderen Menschen angenommen wird?

Es ist gut, wenn das passiert, weil dann die Beziehung fortgeführt oder wiederhergestellt werden kann. Aber es ist nicht zwangsläufig notwendig. Denn wenn der andere nicht verzeihen möchte, kann man nichts weiter tun. Vielleicht braucht er noch Zeit. Wenn jemand allerdings auf Dauer nicht verzeihen kann, wird die Beziehung meistens zerbrechen.

… warum es uns Menschen so schwerfällt zu vergeben?

Oft fehlt es an Wissen oder auch an Bereitschaft zur Vergebung. Wenn Menschen Fehler machen, folgt oft der Konflikt. In einem solchen Leben besteht häufig permanente Kränkungserinnerung. Schuld und Versagen der anderen sind gespeichert wie auf einer Festplatte. Wut, Ärger, Aggression und Rachegedanken prägen Gefühle, Denken und Handeln, auch wenn die Verfehlungen schon lange vergangen sind. Und manchmal scheint es nahezu unmöglich, diese Festplatte zu löschen und Frieden zu finden.

In der Bibel heißt es, man solle die gleiche Sache siebzig mal sieben Mal vergeben. Es geht also um eine Lebenshaltung, einen Lebensstil. Wenn man wirklich vergibt, holt man das Problem nicht mehr hervor. Dies sorgt auch in Bezug auf die Gewaltspirale vor, die nicht nur soziale Alltagsbeziehungen stört, sondern auch Krieg, Terror und Verwüstung bringen kann.

… dass Vergebung auch heißt, Wahrheit zu finden?

So kann es vonnöten sein, die Situation zunächst einmal zu analysieren, denn der andere hat einen Grund für sein Handeln. Diese Erkenntnis kann dabei helfen, nächste Schritte zu gehen. Weiterhin kann es auch um einen Perspektivwechsel im Denken gehen. Das Ziel ist, das Fehlverhalten des anderen eventuell zu verstehen und mit einer klaren Entscheidung zu verzeihen. Und: Verstehen kann einen selbst von einer Menge Ballast und Grübelthemen befreien, kann Freundschaften und Beziehungen erhalten, es macht manchmal richtig Arbeit und erfordert Mut.

… dass Versöhnung die positive Seite des Themas Vergebung ist?

… dass Vergebung die Voraussetzung für die Gemeinschaft mit Gott ist?

… dass es seit längerem ein sehr bekanntes Beispiel für gelebte Vergebung gibt? – Ein Ereignis aus dem Leben Corrie ten Booms:

Corrie und ihre Schwester Elisabeth waren im Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert. Elisabeth kam dort um. Corrie überlebte.

Zwei Jahre später, 1947, hielt Corrie in München einen Vortrag über ihr Leben im Konzentrationslager. Anschließend kam ein Mann zu ihr nach vorne. Plötzlich musste sie an die Zeit im Konzentrationslager denken: Sie und ihre Schwester hatten dort nackt an diesem Mann vorbeigehen müssen.

Sie waren ins KZ gekommen, weil sie Juden in ihrem Haus versteckt hatten. Jetzt erinnerte sich Corrie an diesen Mann. Und nun stand sie ihrem Peiniger zum ersten Mal wieder gegenüber. Er sagte: „Sie sprachen von Ravensbrück. Ich war Wächter dort.“ Und: „Ich bin Christ geworden.“ Er streckte ihr seine Hand entgegen und fragte: „Werden Sie mir vergeben?“

Corrie kämpfte innerlich. Dann erinnerte sie sich an eine Bibelstelle: „Wenn ihr den Menschen ihre Sünden nicht vergebt, dann wird der himmlische Vater auch euch nicht vergeben“ (Matthäus 6,15).

Nach dem Krieg hatte sie ein Heim für Naziopfer eröffnet. Dort erlebte sie, dass die, die vergeben konnten, innerlich frei wurden, egal welche körperlichen Schäden sie hatten. Die, die an ihrer Bitterkeit festhielten, blieben jedoch Invaliden.

Sie kämpfte eine Weile. Dann sagte sie: ‚Ich vergebe dir! Ich vergebe dir von ganzem Herzen.‘“

Und sie sagt: „Ich habe die Liebe Gottes nie mehr so erlebt wie damals.“

… wie eine solche Vergebung möglich werden kann?

Wir Menschen müssen uns immer wieder bewusst machen, dass wir oft nicht in der Lage sind, das zu tun, was richtig und gut ist, sondern dass wir immer wieder das Ziel verfehlen. Die Bibel bestätigt das und macht klar, dass das Hauptproblem jedes Menschen darin liegt, dass er von Natur aus ein Sünder ist und gesündigt hat (vgl. Römer 3,10–12.22.23). „Sündigen“ bedeutet ursprünglich „das Ziel verfehlen“. Gemeint ist das von Gott für den Menschen bestimmte Ziel, nämlich so zu sein und zu leben, wie Gott es möchte. Taten, die dem entgegenstehen, wären z.B. lügen, stehlen, Unrecht tun, habgierig und egoistisch sein, neiden, streiten, verleumden, sich berauschen, huren und okkulte oder abergläubische Praktiken ausüben (vgl. Römer 1,18–32). Dies zu tun – und auch das Prinzip der Sünde – zerstört die Beziehung zu Gott und die Beziehung zu Menschen.

Doch es gibt die Möglichkeit, von Sünden befreit zu werden, Frieden zu finden und gelingende Beziehungen leben zu können. Weil Gott die Menschen liebt, ist sein Sohn Jesus Christus vom Himmel auf die Erde gekommen, am Kreuz an unserer Stelle für die Sünden gestorben und dann auferstanden. Durch seinen Tod hat er den besiegt, „der die Macht über den Tod hat, das ist den Teufel“ (Hebräer 2,14). Jedem, der sich als Sünder erkennt und an Jesus Christus glaubt, verspricht er: „Kommt her zu mir, alle, die ihr euch abmüht und belastet seid, und ich werde euch Ruhe geben“. „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“ Und: „Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen“ (Matthäus 11,28; Johannes 6,37; 5,24). Dies bedeutet Vergebung von Gottes Seite aus. Mit dieser Basis kann auch die Vergebung untereinander gelingen. Wer dieses Angebot jedoch ablehnt, wird einmal für seine Sünden zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden, nämlich mit ewigen Qualen (vgl. Offenbarung 21,8).

… dass das Besondere am christlichen Glauben ist, dass er ermöglicht, mit der Wahrheit der eigenen Schuld zu leben?

Denn in der Vergebung wird statt meiner – zum großen Teil auf Abwehrmechanismen beruhenden – Selbstgerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit in Anspruch genommen.

Wo Menschen die Vergebung Gottes befreiend in ihrem Leben erfahren und in ihr Leben hineinlassen, hat das verändernde Kraft. Unrecht, das ihnen zugefügt wird, muss sie in dieser Verfassung nicht mehr zwangsläufig existenziell treffen. Sie sind tatsächlich in der Lage zu vergeben. Der Glaubende kann so die Vergeltung Gott übergeben.

Wenn der Mensch seine Rechtsansprüche an Gott abgibt, besteht die Möglichkeit, endlich die Verbindung zum Täter loszuwerden, die in Rachefantasien und Forderungen nach Wiedergutmachung bestand und ihm immer weiter schadet. Voraussetzung ist das Vertrauen in die größere Übersicht Gottes.

 

… dass es in der Bibel sehr viele Beispiele zu diesem Thema gibt?

… dass es Menschen oft schwerfällt, von Gott Vergebung anzunehmen, sich dann aber auch selbst zu vergeben?

… dass die Botschaft der Bibel frei macht?

Jochen Klein

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