Hollywood und Romanautoren wissen es schon lange, und mittlerweile weiß es jedermann: Wahr ist, was man fühlt. Beziehungen (im weiteren Sinne) halten eben so lange, bis das Gefühl einem sagt, dass das nicht (mehr) das Richtige ist. Und ähnlich bei Gemeinden: Solange ich mich hier wohl fühle, ist es die richtige, wenn dies nicht mehr gewährleistet ist, suche ich mir eine andere.
Kontrastprogramm: Auf einer Karikatur schreit ein Mann eine völlig eingeschüchterte Frau an: „Ich will dich glücklich machen!“ Oder: Jemand brüllt in einer Predigt von der Kanzel, dass Wohlfühlen in einer Gemeinde keine Bedeutung habe, sondern das einzig Wichtige sei, dass die Gemeinde auf biblischer Grundlage zusammenkomme – nicht realisierend, dass diese Gemeinde von einer „Wohlfühlgemeinde“ weit entfernt ist und sich hier keiner mehr wohl fühlt.
Wir sehen also: Wie so oft im Leben ist vor Extremen Vorsicht geboten. Aber gesamtgesellschaftlich ist doch festzustellen, dass in der oft kalten und technisierten Welt die „Sehnsucht nach Gefühl“ (Focus) zunimmt. Freilich ist das nicht absolut neu, sondern z.B. auch aus der Epoche der Romantik (ca. 1790–1840) bekannt, doch vielleicht ist es Grund genug, einmal kurz darüber nachzudenken, um der Gefahr zu entgehen, biblische Prinzipien zu übertreten oder Prinzipien für biblisch zu halten, die es nicht sind.
Eigentlich war es von Gott grundsätzlich so geplant, dass Menschen in Gemeinschaft und Harmonie untereinander und mit Gott leben konnten. Durch den Sündenfall hat das alles – wie bekannt – Schaden genommen. So gibt es immer wieder Konflikte in unterschiedlichen Gruppen (Familie, Schule, Arbeitsplatz, Freundeskreis usw.) – mit zum Teil gravierenden Auswirkungen, auch auf unser Befinden. Die Bibel fordert uns nun dazu auf, diese Probleme geistlich zu lösen und dabei unsere ganze Energie einzusetzen. Das Motto, das uns oft daran hindert, etwas zu tun, nämlich „Keine Lust!“, lässt sie nicht gelten. Auch wenn meine Gefühle ganz und gar nicht danach sind, diesen teilweise mühevollen Prozess anzugehen, sollte er trotzdem in Angriff genommen werden. Ähnlich ist es, wenn sich um Außenseiter, Problemfälle usw. gekümmert werden muss. Dies steigert auch nicht prinzipiell das Glücksgefühl, sondern ist ein aufopferungsvoller Dienst.
Wenn wir einige Bibelstellen unter dieser Perspektive betrachten, stellen wir fest, dass emotionale Befindlichkeit in weiten Teilen (nicht nur!) eine Kopfsache zu sein scheint. Oder wie sind sonst Stellen wie diese zu erklären: „Freut euch in dem Herrn allezeit! Und wiederum will ich euch sagen: Freut euch“ (Phil 4,4)? Dies ist geradezu ein Befehl zum Sich-Freuen. – „Völlig widersinnig“, würden Menschen heute dazu sagen, denn entweder freue ich mich oder ich freue mich nicht. Dass es sich hier um eine andere Dimension von Freude handelt als um ein oberflächliches Glücksgefühl, ist klar. Ein Rezept, wie man dazu kommt, finden wir in den darauf folgenden Versen: „Lasst eure Milde kundwerden allen Menschen; der Herr ist nahe. Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden“.
Weitere wirksame Rezepte zum Glücklichsein finden wir in den Psalmen: „Glücklich der Mann, der nicht folgt dem Rat der Gottlosen, den Weg der Sünder nicht betritt und nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern seine Lust hat am Gesetz des Herrn und über sein Gesetz sinnt Tag und Nacht“ (Ps 1,1–3). Also: sich vom Bösen fernhalten, über Gottes Prinzipien nachdenken und sie gerne umsetzen.
Schon seit der Antike und auch heute wieder sind Menschen und Publikationen, die von Glück und positiven Gefühlen berichten, sehr gefragt. Greifen wir doch wieder vermehrt zur Bibel. Sie wird uns alles Wichtige lehren. Auch in Situationen, in denen man so niedergeschlagen ist, dass kein Mensch mehr Rat weiß. Aber auch über den „Frieden Gottes“. In den Versen im Philipperbrief wurden uns wichtige Rezepte genannt. Dann folgt die Verheißung: „Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn bewahren in Christus Jesus“ (V. 7). Und der Herr Jesus sagt im Johannesevangelium: „Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt“ (16,33). Mit „dies“ meint er mindestens seine Abschiedsreden. Ein Christ sollte also mehr danach trachten, im Frieden Gottes zu leben, als nach (vom Zeitgeist bestimmten, manchmal sündigen) Glückserlebnissen.
Im Neuen Testament finden wir auch öfter, dass Menschen dazu aufgefordert werden, zu lieben. So z.B. in Lk 6,35: „Liebt eure Feinde“ (vgl. auch Joh 15,12.17; Eph 5,25, Kol 3,19; 1. Pet 2,17). Dass dies nur mit Hilfe des Heiligen Geistes möglich ist, ist klar. Es benötigt aber auch unseren Willen und unsere Bereitschaft. Diese Prinzipien sind also andere als in der „Emo-Gesellschaft“, wo das Gefühl vielfach das bestimmende Motiv ist.
Jochen Klein
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