Wenn die Medien noch vor wenigen Jahren auf das Thema Lügen zu sprechen kamen, stand oft dessen Nutzen oder das „sinnvollen Lügen“ im Vordergrund. Seitdem immer mehr von Fake News die Rede ist – gemeint sind Falschmeldungen, die besonders über das Internet verbreitet werden –, wächst die Sensibilität dafür, dass Lügen nicht harmlos ist, ja geradezu bedrohlich werden kann. Denn was soll man letztlich noch glauben?
Ein tragisch-interessantes Beispiel für bewusste Falschinformationen ist der junge Journalist Claas Relotius, der Ende 2018 durch Lügen unfreiwillig berühmt wurde. Er schrieb für etliche bekannte deutsche Medien, u.a. für den Spiegel, und bekam viele Ehrungen und Preise dafür – sicher auch, weil er vorwiegend linke Positionen bediente. Am 22. Dezember 2018 war dann aber auf dem Titelblatt des Spiegel zu lesen: „Wie einer unserer Reporter seine Geschichten fälschte und warum er damit durchkam“. In der Hausmitteilung auf Seite 3 hieß es: „Wir hatten über Jahre Reportagen oder andere Texte im Blatt, die nicht die Wirklichkeit abbildeten, sondern in Teilen erfunden waren. Unser Kollege Claas Relotius hat sich nicht auf die Recherche verlassen, sondern seine Fantasie eingesetzt, hat sich Zitate, Szenen, Personen ausgedacht, um viele seiner Geschichten besser, spannender wirken zu lassen.“
Etwas drastischer formulierte es der bekannte Journalist Harald Martenstein im Zeit Magazin vom 17. Januar 2019: „Claas Relotius, der flächendeckend erfundene Geschichten verkauft und Preise gesammelt hat, ist für mich die perfekte Verkörperung eines neuen Journalistentypus … Glaubt irgendwer, dass er beim Spiegel mit einer kitschigen und von Fehlern strotzenden Geschichte durchgekommen wäre, wenn er die Falschen gefeiert hätte? Auch Texte, die neben der Mehrheitsmeinung des ziemlich homogenen Journalistenmilieus liegen, sind möglich und werden gedruckt. Aber die prüft man genau. Was ja richtig ist. Relotius war Opportunist … Aus seiner Perspektive hat er alles richtig gemacht, wenn er seine Geschichten mit viel Fantasie im Hotelzimmer schrieb … die Bösen und die Guten stehen eh fest. Der Rest ist Malen nach Zahlen. Ein … Schlüsselwort des neuen Journalismus ist ‚Wahrheit‘. Dieses Wort ist ein Synonym für ‚Meinung‘ geworden. Das, was sie als Meinung zwischen den Ohren spazieren führen, nennen heute viele ‚die Wahrheit‘ … Wer seine politische Meinung ‚die Wahrheit‘ nennt, ist meiner Meinung nach wirklich gefährlich. Widerspruch wird dann unmöglich. Es gibt nur noch zwei Seiten, uns, die Hüter der Wahrheit, und das Böse auf der Gegenseite. Lügen für die Wahrheit!“ Diese Form der „Parteilichkeit“ befinde sich „in einer bedenklichen Nähe zu dem, was Diktaturen von Journalisten fordern“.
Wenn dieser Journalistentyp also seine politische Auffassung als Wahrheit ansieht und dafür Fakten fälscht und Inhalte manipuliert, hat er sich von der traditionellen journalistischen Ethik entfernt. Das müsste gläubige Christen nicht unbedingt interessieren, zumal man aus der (Kirchen-)Geschichte genügend Beispiele kennt, die in eine ähnliche Richtung gehen. Wichtig ist aber, dass man diese Möglichkeit zunächst generell im Hinterkopf hat, wenn man den Medien Informationen entnimmt. Und: Auswahl, Gewichtung und Darstellung liefern ebenfalls oft schon eine Meinung mit, obwohl ein Schein von Objektivität gewahrt wird.
Dass es keine Bagatelle ist, unwahr zu sein oder Unwahres zu reden, macht die Bibel an vielen Stellen deutlich. So zählt Jesaja z.B. Folgendes zu unseren „Übertretungen“ und „Ungerechtigkeiten“: „abfallen von dem Herrn, ihn verleugnen und zurückweichen von unserem Gott, reden von Bedrückung und Abfall, Lügenworte in sich aufnehmen und sie aus dem Herzen sprechen. Und das Recht ist zurückgedrängt, und die Gerechtigkeit steht von fern; denn die Wahrheit ist gestrauchelt auf dem Markt, und die Geradheit findet keinen Einlass. Und die Wahrheit wird vermisst; und wer das Böse meidet, setzt sich der Beraubung aus. Und der Herr sah es, und es war böse in seinen Augen, dass kein Recht vorhanden war“ (Jes 59,13–15). Die Lüge wird hier also in den größeren Zusammenhang des Unrechts gestellt. Dies richtet sich gegen die Grundsätze Gottes, schadet dem, der es ausübt, und auch seinen Mitmenschen.
Lassen wir uns wieder neu motivieren, wahrhaftig zu sein und die Wahrheit zu reden! Bedenken wir die Worte Jesu: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wahrhaft meine Jünger; und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,31f.). Und: „Draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut“ (Offb 22,15).[1]
Jochen Klein
[1] Vgl. auch Vom Lügen auf www.jochenklein.de unter „Allgemeine Artikel“ (2000).
Impressum | Datenschutz
Copyright 2024 © Jochen Klein
Design & Programmierung: Ideegrafik Kreativagentur GmbH