denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Hoffnung in der Krise

1. Krise

 Was ist eigentlich eine Krise? Nach dem Duden eine „schwierige Lage, Situation oder Zeit“ bzw. eine „Zeit der Gefährdung oder des Gefährdetseins“. In den meisten deutschen Bibelübersetzungen kommt der Begriff „Krise“ nicht vor, der Sachverhalt aber, der sich dahinter verbirgt, durchzieht geradezu die ganze Bibel: Eva bringt Adam in eine schwierige Lage, indem sie ihm die verbotene Frucht anbietet. Beide bringen ihre gesamte Nachkommenschaft bis heute in eine schwierige Situation, weil sie von der Frucht essen. Kain erschlägt seinen Bruder Abel, problematische Lagen nehmen zu, und zur Zeit Noahs sind die Folgen so schlimm, dass Gott die Menschheit vernichten will. Noah und seine Familie entgehen der schwierigen Lage allein durch Gottes Gnade.

Zur Zeit Josephs gibt es dann länderübergreifende Krisen in Form von Hungersnöten oder auch Kriegen. Die daraus entstehenden Probleme finden wir im gesamten Alten Testament. Eher persönliche Aspekte von Krisen kommen in den Psalmen zum Ausdruck.

Im Neuen Testament finden wir ebenfalls unterschiedliche Aspekte des Themas, manchmal daraus resultierend, dass Not ohne ersichtlichen Grund kam oder auch als direkte Folge von Sünde. Ebenso wird deutlich, dass auch Gemeinden aus verschiedenen Gründen mit schwierigen Situationen zu kämpfen hatten.

Denken wir unter dieser Perspektive über einige Bibelbücher nach, dann wird uns sicher noch mehr bewusst, wie umfassend dieses Thema ist. Die Bibel macht grundsätzlich klar, dass die Gründe für Krisen vielfältig sein können und dass wir die letzte Ursache häufig nicht wissen, gleichgültig, ob es sich um individuelle oder um globale Krisen handelt.

Interessanterweise scheinen Menschen gerne über Krisen zu reden. Man könnte ganze Bibliotheken mit Büchern füllen, in denen Autoren ihrem Hang nach greifbaren Zukunftsprognosen freien Lauf lassen und prognostizieren bis fest behaupten, welche Krisenerscheinung ein eindeutiges Zeichen wofür sein soll. Schon etliche Zeitpunkte sind vergangen, ohne dass die vorausgesagte Entrückung stattgefunden hat, oder Herrscher gestorben, von denen man dachte, sie seien der Antichrist. Auch sind schon seit Jahrhunderten Sätze gefallen wie „So schlimm wie heute war es noch nie“[1] usw. Gewiss ist in der Bibel viel Prophetie enthalten, die man unbedingt studieren sollte. Andererseits wird klar davor gewarnt, Zeiten zu bestimmen oder zu errechnen – sicher auch, weil dies völlig bedeutungslos ist. Denn der Herr Jesus hat deutlich gesagt: „Ich komme bald“, und die Gläubigen werden dazu angehalten, jeden Tag treu ihre Aufgaben zu erfüllen und in der ständigen Erwartung ihres Herrn zu leben. Für solche Leute sind politische Entwicklungen letztlich unwichtig, denn ihr Herr hat ihnen gesagt, dass er eben bald kommt, und das genügt vollständig. Egal, ob es zwischenzeitliche Krisenerscheinungen gibt oder finale (vor dem Kommen des Herrn). Unabhängig davon, ob das Römische Reich untergeht, ob Napoleon vor den Toren der Stadt steht, sich auf den Straßen Berlins Kommunisten und Nationalsozialisten totschlagen oder Hitler dabei ist, die ganze Welt zu erobern. Wenn wir heute in Zeitschriften Sätze lesen wie diesen: „Noch nie hat eine Krise so schnell den gesamten Globus erfasst. Dieselben Mechanismen, die vielen Menschen Wohlstand brachten, beschleunigen nun den Niedergang“, dann sollten wir sie nicht benutzen, um wieder zu denken: „Ein ganz klares Zeichen für …“, sondern wir sollten an das Wichtigere denken: „Ich komme bald.“

2. Hoffnung

Wenn wir unterschiedliche Krisensituationen beispielhaft betrachten, stellt sich die Frage: Worin liegt eigentlich der Grund für Hoffnung in Krisen? Bei diesen Überlegungen müssen wir zuerst an den Tod des Herrn am Kreuz und an seine Auferstehung denken. Erst dadurch gibt es die Perspektive, dass das Grundübel der Sünde, das alles in Mitleidenschaft gezogen hat, behoben werden kann.

Zweitens zeigen viele Stellen, dass Gott alles in der Hand hat, dass ohne seinen Willen nichts geschehen kann und dass er ein „Erhalter aller Menschen“ ist, „besonders der Gläubigen“ (1. Tim 4,10). Demgemäß kümmert er sich um sie, und für die Gläubigen sind in der Bibel viele Zusagen diesbezüglich zu finden. Drittens ist die Zusage des Herrn Jesus, bald zu kommen, für die Gläubigen nicht als Drohung zu verstehen, sondern als Symbol der Hoffnung (wie der „glänzende Morgenstern“ [Offb 22,16]). So sollten wir ihn mehr unter dieser Perspektive erwarten und unser Leben mehr in dem Bewusstsein gestalten, dass wir sowieso schon Himmelsbürger sind, wie der Epheserbrief deutlich macht.

Schließlich mögen folgende Stellen beispielhaft für viele genannt werden und uns in Krisen Hoffnung geben: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben“ (Mt 11,28). „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken“ (Röm 8,28) und: „Denn so spricht der Herr, HERR: Siehe, ich bin da, und ich will nach meinen Schafen fragen und mich ihrer annehmen“ (Hes 34,11).

Jochen Klein

[1] Hier muss auch vor (bewusster oder unbewusster) „Geschichtsklitterung“ gewarnt werden. Manchmal werden Aussagen über die Geschichte getroffen, die so einfach nicht stimmen. Zu den bekanntesten Beispielen dürfte gehören, dass die Zeiten in Deutschland niemals schlimmer waren als heute oder dass konkret die Unmoral so schlimm sei wie noch nie.

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