denkend glauben

Jochen Klein

Texte und Materialien zum christlichen Glauben

Scheitern

Was bedeutet scheitern? Nach dem Duden „ein angestrebtes Ziel o.Ä. nicht erreichen, keinen Erfolg haben, misslingen, missglücken, fehlschlagen“. Heute wird dieser Begriff benutzt, wenn Leute von der Erfolgsspur abgekommen sind oder es so aussieht, als sei alles umsonst gewesen.

Wenn Paulus an Timotheus schreibt: „Du weißt dies, dass alle, die in Asien sind, sich von mir abgewandt haben (2. Tim 1,15)“, dann erhebt sich hier beispielhaft die Frage, ob er (dort) letztlich gescheitert ist. Eine ähnliche Frage können wir in Bezug auf viele weitere biblische Personen stellen, z.B. wenn wir lesen, dass Mose nicht ins Land Kanaan durfte, Simson am Ende die Augen ausgestochen wurden, er in die Gefangenschaft der Philister kam und schließlich unter einem zusammenstürzenden Gebäude starb oder dass Salomo ein schlechtes Ende hatte.

Fragen wir uns, was biblisches Scheitern ist, dann müssen wir uns zunächst einige Kategorien bewusst machen. Die göttlichen Ansprüche sind vollkommen, und wegen der Sündhaftigkeit und auch wegen des Sündigens des Menschen kann ihnen niemand entsprechen. Aus dieser Perspektive müsste jeder scheitern. Durch den Glauben an Christus kann dem aber begegnet werden. Für gläubige Christen gilt als Maßstab die Bibel und als Maxime ein heiliges Leben. Doch auch diesen Maßstäben kann keiner ganz entsprechen, was wiederum ein Scheitern in dieser Hinsicht bedeuten würde.

Mose konnte durch Gottes Gnade vieles für Ihn bewirken, kam aber eben wegen seiner Sünde beim Schlagen des Felsens nicht ins Land Kanaan. Auch Salomo war vielen zum Segen, und von ihm sind weite Teile des Buchs der Sprüche und das Buch Prediger in der Bibel überliefert. Simson tötete bei seinem Tod mehr Feinde als zu Lebzeiten und führte somit Gottes Auftrag bis kurz vor seinem Tod aus. Und Paulus schrieb weiter an Timotheus: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt; fortan liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte Richter, mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tag; nicht allein aber mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieben“ (2. Tim 4,8). Er war also ruhig in der Zuversicht, dass Gott (nach Paulus’ Tod) die richtige Einschätzung in Bezug auf sein Tun haben würde.

Wie sieht es nun mit unserem Scheitern aus? Wenn wir auf unser bisheriges Leben zurückschauen, können sicher auch wir Dinge nennen, von denen wir sagen würden, dass wir gescheitert sind. Handelt es sich dabei um eigenwillige Wege, dann haben wir noch die Möglichkeit, sie zu ändern (auch wenn wir manches nicht mehr rückgängig machen können). Wenn es mit anderen Menschen zusammenhängt und wir darauf keinen Einfluss (mehr) haben, können wir Gott das Problem anbefehlen, denn er kann Änderung bewirken. Wenn es anderweitige Schwierigkeiten sind, sollten wir darum beten und uns von Gott richtiges Handeln zeigen lassen. Und schließlich kann es auch sein, dass wir meinen, gescheitert zu sein, dass Gottes Einschätzung aber eine andere ist. Und es gibt auch Beispiele in der Bibel, die deutlich machen, dass Gott manche unserer Wege zu unserem Nutzen „scheitern“ lässt: „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR. Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jes 5,8.9).

Etliche der Glaubenshelden in Hebräer 11 hätten wir auf der Grundlage der Berichte über sie sicher nicht als solche bezeichnet. Von ihnen können wir aber etwas in Bezug auf ihren Glauben lernen und von einigen auch etwas in Bezug auf ihre Treue und ihr Durchhalten. Schließlich können wir sehen, dass Gott oft andere Maßstäbe in Bezug auf Scheitern hat als wir, dass es aber auch an uns ist, nach Seinen Maßstäben zu leben, damit unser Leben gelingen kann und nicht scheitert.

Jochen Klein

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