Starkult heute
Wenn Michael Schumacher siegt, wenn Jan Ullrich das Fahrerfeld anführt oder Oliver Bierhoff den Siegtreffer erzielt; wenn Lady Diana verunglückt, die Überreste Che Guevaras entdeckt werden oder sich der Todestag von Elvis Presley jährt, dann nehmen Millionen Menschen in der ganzen Welt daran Anteil, denn diese Personen sind Stars. Ob tot oder lebendig.
Moderne Stars kommen und gehen. „Megastars“ wie z.B. Diana, Che und Elvis sind schon gegangen. Dianas Beerdigung war das größte Medienereignis der Geschichte, Ches Porträt ist das bekannteste Foto des Jahrhunderts und Elvis der unangefochtene König des Rock 'n' Roll. Ihm huldigt man als Gott unter anderem im indischen Bangalore, wo im Dorftempel ein Bild von ihm zu finden ist.
Diana starb am 31. August 1997 nach einem Autounfall. Sie war mit ihrem Liebhaber auf der Flucht vor Fotografen gewesen. Nach ihrem tragischen Tod wurde sie zu einem Übermenschen stilisiert, zu einer „Sagengestalt“, einer „Ikone“, einem „Mythos“. Man nannte sie „Königin der Herzen“, „Heilige der Frauen“ und „sterbliche Göttin“. Der Ort ihres Todes wurde zu einer Wallfahrtsstätte. Ein Kulturkritiker meint, daß sich die Verehrung „teilweise der Anbetung nähert“.
„Kämpfen und töten mußt du, für die Freiheit unseres Volkes.“ Dies war die Lebensmaxime Ernesto (Che) Guevaras. Geboren 1928 in Argentinien, verließ er als junger Mann sein Heimatland. „Meine Zukunft ist nun mit der kubanischen Revolution verknüpft“, schrieb er 1955. Am 1. Januar 1959 stand der Sieg fest. Guevara wurde Funktionär und Schutzpatron vieler Untergrundkämpfer. Nach seinem Vorbild verübten Guerilla-Gruppen in fast allen Ländern Lateinamerikas täglich Anschläge auf staatliche Einrichtungen. Auch in Bolivien trainierte Che eine schlagkräftige Truppe. Das Land und der Kontinent sollten befreit werden. In einer Schlucht namens Churo wurde er gestellt. Verraten und im Stich gelassen, wird Che am 9. Oktober 1967 in dem kleinen Dorf La Higuera hingerichtet. Als 1997 seine Leiche ausgegraben wird, sorgt dies für einen neuen Höhepunkt des Che-Kults rund um den Globus, obwohl der Kommunismus zusammengebrochen ist und die Weltrevolution nie stattgefunden hat.
Neben Elvis Presley wirken andere Musikstars wie Dilettanten. Er verkaufte Millionen von Schallplatten. Hunderte von Büchern verkünden seine Einzigartigkeit. Alljährlich ziehen im August Zehntausende an sein Grab. Er kam aus den einfachsten Verhältnissen und wurde als Rock 'n' Roll Sänger und Schauspieler berühmt. Seine Musik war Provokation. Sie richtete sich gegen Ordnung und Sitte. Die Folgen waren unübersehbar. Sein Auftreten löste bei den Jugendlichen Massenhysterien aus. Doch er wurde immer einsamer. Er nahm Aufputsch- und Beruhigungsmittel gleichzeitig und andere Drogen in Menge. Als am 16. August 1977 gegen halb drei ein Rettungswagen zu seinem Haus in Memphis bestellt wurde, war er 42 Jahre alt. Jede Rettung kam zu spät. Nach dem Tod Elvis Presleys wurden seine Lebensstationen zu Wallfahrtsorten. Das Mikrofon seiner allerersten Aufnahme wird wie eine Reliquie verehrt. Der Kult um den „Gott des Rock'n' Roll" nimmt somit, wie das Frankfurter Allgemeine Magazin schreibt, „die Züge einer Religion an“.
Starkult - eine Religion?
Vor beinahe 2000 Jahren wurden zwei Männer von einer Menschenmenge als Götter verehrt. Man wollte ihnen opfern. Sie waren davon aber nicht begeistert, sondern riefen entsetzt: „Männer, warum tut ihr dies?“ Sie versuchten der Menge bewußt zu machen, daß sie ebenfalls nur Menschen aus Fleisch und Blut seien. Ihre Botschaft war einzig und allein, daß sich diese Leute von ihren Idolen abwenden sollten. Sie sollten umkehren zu dem lebendigen Gott und nicht auch noch sie zu ihren Idolen machen. Das hielt die Menge aber kaum davon ab, ihnen zu opfern (vgl. Apg 14,11-18).
Opfer gibt es heute nicht mehr. Daß aber der Kult um Stars quasireligiöse Züge angenommen hat, dürfte unumstritten sein. „Stars sind moderne Gottheiten“, behauptet Andrea Parr in ihrem Buch zu diesem Thema. Manche Stars sind bekannter als Staatspräsidenten. Die Nachfrage nach ihnen ist riesig. Zu einem „Vorbild und Heilsbringer zugleich“ habe die moderne Welt Michael Schumacher gemacht, meint ein Journalist. Stars dienen als Leitfiguren, als Vorbilder. Sie vereinigen Sehnsüchte und Widersprüche in sich. „Die Zugehörigkeit zu einer Fanwelt ist Teil der jugendlichen Lebensbewältigung“ heutzutage (Kursbuch JugendKultur). Souvenirs mit den Bildern von Stars gehören zu den meistverkauften Gegenständen unserer Zeit.
Starkult - der Weg zum Glück?
Guevara scheute keine Mittel, auch nicht das Töten. Elvis Presleys Feldzug gegen Moral und Sitte provozierte damals. Heute gehört schamloses Verhalten in der Musikszene fast zum Alltag, wie beispielsweise bei Madonna. Sie sagt, ihre Lieblingsbeschäftigung sei es, mit der Entrüstung der Menschen zu spielen. Glücklich ist sie dabei aber nicht, da sie – nach eigener Aussage – überhaupt niemand kennt, der glücklich ist. War Diana glücklich? Der britische Journalist Andrew Morton behauptet, „daß ihr Leben, das alle für ein Märchen hielten, in Wahrheit eine einzige Lüge war“. Ein anderer Kommentator schreibt: „Lady Di starb weder an Paparazzi noch am besoffenen Fahrer. Sie starb am kranken und gottlosen Lebensstil unserer Zeit – und das war der ihre.“
Weder dieser Lebensstil noch Verehren oder Verehrtwerden führt zu einem sinnerfüllten Leben. Paulus, der es schon vor fast 2000 Jahren mit seinem Begleiter abgelehnt hatte, als Idol verehrt zu werden, schreibt, daß die Menschen sich lieber für vergängliche Idole begeistern, als den ewigen Gott zu ehren. Die Folgen seien ethischer und moralischer Verfall: Lüge, Gewalt, Untreue und Perversion (vgl. Röm 1,18-32).
„Nicht Adel, nicht Geld, sondern Aufmerksamkeit“ sei „das höchste Gut der neunziger Jahre“, behauptet ein Journalist. Bei vielen Stars ist Aufmerksamkeit massenhaft garantiert. Daß dies aber letzten Endes nichts nützt, dürfte klar sein. Vielmehr nützt Aufmerksamkeit im Himmel etwas. Man merkt dort nicht nur auf, sondern man freut sich, wenn ein Sünder umkehrt (Lk 15,7). – Hat sich der Himmel Deinetwegen schon gefreut?
Jochen Klein
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